Weiter Kritik an BKA-Gesetz

deutschland
15.09.2008

Experten haben zum Teil erhebliche Zweifel an den geplanten Zusatzkompetenzen für das deutsche Bundeskriminalamt [BKA] zur Terrorabwehr angemeldet.

Das umstrittene BKA-Gesetz stieß nach einer Anhörung im Innenausschuss des deutschen Bundestages auf unterschiedliche Reaktionen.

Vertreter der Opposition und eine Reihe von Sachverständigen, die am Montag in Berlin vor dem Ausschuss ihre Einschätzung zu dem Gesetzesentwurf abgaben, übten teils harsche Kritik an den Plänen.

Privatsphäre nicht ausreichend geschützt

Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, hob mit Blick auf die heimlichen Überwachungen, die dem BKA ermöglicht werden sollen, hervor: "Der Kernbereich der Privatsphäre wird nicht ausreichend geschützt."

Einige Verfassungs- und Staatsrechtler nannten den Entwurf hingegen grundgesetzeskonform, die Union wies Kritik an den Gesetzesplänen zurück.

Der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, wies am Montag bei einer Anhörung vor dem deutschen Bundestag-Innenausschuss die Einwände als unbegründet zurück und beharrte auf den Befugnissen. "Das BKA wird nicht zu einem deutschen FBI und nicht zu einer mächtigen Geheimdienstzentrale. Die Online-Durchsuchung ist ein für die Verhinderung terroristischer Anschläge unverzichtbares Instrument", hob er hervor.

Präventive Terrorabwehr

Mit dem Gesetzesentwurf reagiert die deutsche Regierung auf die Terroranschläge von New York, London und Madrid. Erstmals in seiner Geschichte soll das deutsche BKA bei der Abwehr terroristischer Gefahren auch präventiv tätig werden können, also noch bevor eine Straftat begangen wurde.

Einer der strittigsten Punkte ist die vorgesehene heimliche Online-Durchsuchung von Computern verdächtiger Personen.

PC-Durchsuchung von Unbeteiligten

Der Rechtswissenschaftler Hansjörg Geiger, früher Präsident des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesverfassungsschutzes, nannte die Begründung für eine Online-Durchsuchung nicht überzeugend. Auch sah er die Gefahr, dass künftig die Befugnisse des BKA mit den Zuständigkeiten der Bundesanwaltschaft kollidieren könnten.

Der Berliner Rechtsprofessor Martin Kutscha hielt es für sehr wahrscheinlich, dass bei Online-Durchsuchungen auch Computer völlig Unbeteiligter ausgeforscht werden.

Jeder potenziell im Visier

Der Deutsche Anwaltverein, der nicht zur Anhörung geladen war, brachte in einer schriftlichen Stellungnahme erhebliche Bedenken vor. Die neuen Befugnisse könnten zulasten der Freiheitsrechte gehen. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag [DIHK] warnte: "Niemand könnte mehr sicher sein, ob er den geplanten geheimdienstlichen Maßnahmen ausgesetzt ist, egal wie gesetzestreu er sich verhält."

Dath: Gesetz geht nicht weit genug

Der Präsident des Bayerischen Landeskriminalamts, Peter Dath, nannte die neuen Kompetenzen für das BKA hingegen konsequent. Er bedauerte, dass der Gesetzesentwurf keine Befugnisse für das verdeckte Betreten von Wohnung enthalte, um die Spionagesoftware auf einer Festplatte zu installieren. Das hatte die SPD verhindert.

Situation in Österreich

In Österreich haben sich Justizministerin Maria Berger [SPÖ] und Innenminister Günther Platter [ÖVP] 2007 darauf geeinigt, dass die verdeckte Online-Durchsuchung eingeführt werden soll.

Im April 2008 wurde der Bericht einer Arbeitsgruppe zum "Austro-Trojaner" präsentiert. Verfassungsrechtler und Arbeitsgruppenleiter Bernd-Christian Funk warnte die Minister eindringlich davor, die Grenzen zwischen Prävention und Strafverfolgung verschwimmen zu lassen.

(dpa | AFP)