US-Finanzkrise berührt auch IT-Sektor
Die Finanzkrise in den USA hat die Kurse an den Weltbörsen in den Keller rasseln lassen. Auch auf dem Technologiesektor macht sich die Situation schon seit einiger Zeit bemerkbar, wie RZB-Analyst Leopold Salcher im Gespräch mit ORF.at erläutert.
Zur Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers kamen innerhalb kürzester Zeit der Notverkauf der Merrill Lynch an die Bank of America sowie die Gerade-noch-Rettung des Versicherungsriesen American International Group [AIG]. Und ständig tauchen neue Hiobsbotschaften in der US-Finanzwelt auf.
Diese Entwicklungen machen sich natürlich auch auf dem Technologiesektor bemerkbar, wo sich in den vergangenen Wochen zwar kein rasanter, aber ein dennoch deutlich erkennbarer Abwärtstrend bemerkbar machte.
Branche schwächselt seit längerem
Der weltweit zweitgrößte PC-Hersteller Dell warnte am Dienstag vor einer weltweiten Abschwächung der Nachfrage im IT-Bereich. Die Aktie von Dell notierte in New York mit fast zehn Prozent im Minus. Im Sog der Warnung rutschten auch andere Technologiewerte ins Minus, einzige Ausnahme war der Hersteller Hewlett-Packard, der am Dienstag den Abbau von rund 25.000 Jobs bestätigte - eine Maßnahme, die von den Anlegern meist positiv angenommen wird.
Am Mittwoch gingen auch die Aktien des kanadischen Telekomausrütsers Nortel in den Keller, nachdem dieser seinen Ausblick aufgrund der kriselnden Wirtschaftslage zurückgefahren hatte. Die Aktien fielen daraufhin um 52 Prozent.
RZB-Analyst Leopold Salcher, spezialisiert auf den Technologiebereich, sieht die Lage auf dem globalen IT-Sektor schon seit mehreren Wochen schwächeln. Es komme aber stark auf die Branche an. Im Bereich Software hätten sich die Werte etwa im zweiten Quartal noch sehr gut entwickelt. Gerade in den USA gebe es teilweise sehr veraltete Systeme, die erneuert werden müssten - etwa im Bankenbereich.
Hardware-Sektor betroffen
"Ernstere Probleme sehe ich auf dem Hardware-Sektor", erklärt Salcher im Gespräch mit ORF.at und verweist auf die Dell-Warnung vom Vortag. Die Entwicklung von Netzwerkausrüstern wie etwa Cisco beurteile er jedoch noch positiv, was auch damit zusammenhänge, dass IT-Sicherheit weiter ein sehr wichtiges Thema bleibe.
Auswirkungen sieht Salcher durchaus auch auf die Ergebnisse von Internet-Konzernen wie Google und Yahoo, die ihren Unterhalt hauptsächlich mit Online-Werbung verdienen: "Noch wachsen die Werbeausgaben, das Wachstum stockt aber schon."
Der weltgrößte PC-Zubehörhersteller Ingram Micro rechnet infolge der Finanzmarktkrise ebenfalls mit Einbußen rund um den Globus.
Fast keine Börsengänge mehr
Auch Europa befinde sich in einer rezessiven Phase: "Das war auf der Makroebene schon im letzten Quartal bemerkbar und wird sich auch in den Ergebnissen des dritten Quartals niederschlagen", so Salcher.
Eine weitere Auswirkung der unsicheren Wirtschaftslage sei laut Salcher das Fehlen von Börsengängen: "Der IPO-Markt ist schon seit sechs bis neun Monaten fast tot." Das werde seiner Meinung nach sicher noch ein bis zwei Quartale so gehen.
Wann sich eine Besserung der Lage abzeichnen wird, kann der Analyst freilich nicht prophezeien. Eines ist aber für ihn klar: "Ein Aufschwung kann nur Hand in Hand mit einer Entschärfung der US-Finanzkrise kommen."
Die New Yorker Aktienbörse hat am Mittwoch im Verlauf mit weiterhin sehr schwach Kursen tendiert. Nach ihrem kurzzeitigem Erholungskurs vom Vortag rutschte die Wall Street erneut ab. Auch die Technologiebörse NASDAQ musste mit Einbußen kämpfen.
(futurezone | Nayla Haddad)