E-Voting-Ausschreibung geplatzt
Die Ausschreibung des umstrittenen E-Voting-Systems für die kommende ÖH-Wahl ist geplatzt. Ob sich eine Neuausschreibung noch rechtzeitig ausgeht, ist fraglich.
Wie das Branchenmagazin Heise.de am Freitag berichtet, hat das Wissenschaftsministerium die Ausschreibung und die bereits getroffene Zuschlagsentscheidung widerrufen, nachdem unterlegene Konkurrenten Rechtsmittel eingelegt hatten.
Auf Anfrage von ORF.at bestätigte eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums am Freitag den Widerruf: "Das Projekt ist ambitiös und neuartig. Aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen wie dem Universitätsdatenverbund und der Durchdringungsrate der Bürgerkarte sind wir zu diesem Schritt gezwungen worden." Das Thema E-Voting sei aber "nicht vom Tisch". Das Gesamtziel bleibt laut der Sprecherin aufrecht, nämlich das Projekt noch vor der ÖH-Wahl im Frühjahr 2009 auf Schiene zu bringen.
ÖH gegen Neuausschreibung
Robert Krimmer vom Kompetenzzentrum E-Voting.cc, selbst in beratender Funktion für das Ministerium tätig, betonte auf Anfrage, dass das Thema E-Voting nun nicht gestorben sei. Vielmehr sei eine neue Ausschreibung vor der ÖH-Wahl wahrscheinlich.
ÖH-Vorsitzender Samir Al-Mobayyed begrüßte den Entschluss des Ministeriums: "Unsere Position ist bekannt. Die ÖH-Bundesvertretung hat sich gegen die Einführung von E-Voting ausgesprochen, weil unter anderem die technische Umsetzung noch nicht ausgereift ist." Die ÖH werde auch keine "Husch-Pfusch-Aktionen" unterstützen, bei der Hunderttausende Euro verpulvert würden, so die klare Absage an eine Neuausschreibung des Projekts.
Es könne dabei nicht gewährleistet werden, dass jeder seine Stimme unbeobachtet und unbeeinflusst abgeben könne, hieß es von der ÖH bereits im Vorjahr, und berief sich auch auf Bedenken des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer. Dieser bezweifelt die Verfassungskonformität der elektronischen Stimmabgabe.
Unterlegene Bieter wehrten sich
Wie heise online berichtet, war die nun widerrufene Ausschreibung in drei Lose gegliedert: Software, Rechenzentrum und Projektmanagement. Während das Bundesrechenzentrum den Zuschlag für das Rechenzentrum bekommen hatte, war bei den beiden anderen Losen Scytl erfolgreich.
Zwei unterlegene Bieter, darunter ein Konsortium rund um Siemens, waren mit dem Zuschlag an Scytl nicht einverstanden und wandten sich an das Bundesvergabeamt.
Mit dem Widerruf verhinderte das Ministerium nun, dass das Amt die Ausschreibung und die Einsprüche genauer untersucht.
ÖH-Wahlen als Pilotprojekt
Die österreichische Infrastruktur ist gut auf die Einführung von E-Voting-Systemen vorbereitet, so der erste "E-Voting Readiness Index" des Wiener Kompetenzzentrums E-Voting.CC. Nationalratswahlen via Internet sind trotzdem frühestens in zehn Jahren zu erwarten.