EU-Ministerrat auf Kurs gegen Piraten
Die Wirtschaftsminister der EU schreiben sich am Donnerstag per Resolution "verstärkten Kampf gegen Produktpiraterie auch im Internet" auf ihre Segel. Das EU-Telekompaket und der noch immer dem Wortlaut nach unbekannte ACTA-Vertrag sind mit dieser Resolution verknüpft.
Am Donnerstag und Freitag tagt der Rat der EU-Wirtschaftsminister zum erweiterten Thema "Produktfälschung und Piraterie".
Das heißt, man hört den Bericht der Kommission über deren seit 2005 laufenden Aktionsplan zum selben Thema und beschließt sodann eine Resolution für einen "umfassenden europäischen Aktionsplan gegen Produktfälschung und Piraterie".
"Piraterie" und "kreative Kräfte"
In einem Entwurf zur Resolution, die einen Tag nach der voraussichtlichen Verabschiedung des Telekompakts durch das Parlament im Rat behandelt wird, ist auch mehrmals vom Internet die Rede.
"Mit steigender Sorge" beobachte man das "wachsende Phänomen von Produktfälschung und Piraterie" und die wachsenden Gefahren für "Unternehmen, Konsumenten und kreative Kräfte." Das gelte "ebenso für das Internet", heißt es in Punkt acht des Resolutionsentwurfs.
"Produktfälschung, Raubkopien, Internet"
In Punkt 13, Absatz drei wird das noch deutlicher: zu bekämpfen seien "Produktfälschung und Raubkopien im Internet", unter anderem durch "den Abschluss inter-industrieller Vereinbarungen" auf europäischer Ebene. In Absatz 14 werden diese Kooperationen auf "Public-Private Sector Partnerships" ausgeweitet.
Eine solche "inter-industrielle Vereinbarung" zu ebendiesem Zweck ist aber auch Teil des Telekompakets, genauer gesagt des am heftigsten umstrittene Änderungsvorschlags zu diesem EU-Großvorhaben.
Was Kritiker befürchten
Bis zuletzt gab es immer wieder neue Vorschläge zur Formulierung, und so wird es vermutlich auch bis zur Abstimmung bleiben, die nun für den Mittwoch erwartet wird.
Kern der Diskussionen um Sub-Paragraf 14a ist, wie denn diese "Förderung legaler Inhalte" oder der "Schutz legaler Inhalte" beziehungsweise die "Kooperation" der Provider im "Kampf gegen illegale und schädliche Inhalte" aussehen solle.
Genau das befürchten Kritiker: dass auf derart schwammige Formulierungen ein anderer EU-Beschluss - zum Beispiel einer des Ministerrats - nationale Gesetze oder ein internationaler Vertrag aufsetzen, die dann im Detail einschneidende Maßnahmen vorschreiben.
"Public-Private Partnership" auf Französisch
In einem seit über einem Jahr bekannten, einschlägigen Gesetzesentwurf der Regierung Sarkozy sehen "inter-industrielle Zusammenarbeit" und "Public-Private Partnership" nämlich so aus: "Rechteinhaber", also die Medienindustrie und eine neue Copyright-Behörde namens HADOPI, arbeiten zusammen, um Tauschbörsennutzer aufzuspüren.
Internet-Provider werden dann verpflichtet, die betreffenden Kunden zu verwarnen und beim dritten Verstoß den Netzzugang zu sperren.
Neben dem EU-Telekompaket wird im Vorhaben des Ministerrats auch auf ein internationales Abkommen verwiesen, nämlich auf den geheimnisumwitterten ACTA-Vertrag, der parallel dazu im Werden ist.
Geheimnisvolles ACTA
Dieses "plurilaterale" Abkommen ist ebenfalls gegen Produktpiraterie gerichtet und wird abseits der eigentlich zuständigen Gremien wie etwa der Weltorganisation für geistiges Eigentum [WIPO] mit den USA, Japan und anderen Staaten ausgehandelt.
Angestoßen wurde es im Rahmen der G-8-Gipfel im vergangenen Jahr.
Geheimnisvoll ist es deshalb, weil über ACTA seit einem Jahr verhandelt wird, der Vertrag noch heuer beschlossen werden soll, aber offenbar niemand außer dem engsten Kreis der Verhandler den Text zu Gesicht bekommen hat.
"Alle Mittel gegen Piraterie nutzen"
Im Resolutionsentwurf des EU-Ministerrats wird ACTA mehrfach direkt erwähnt.
Man wolle "aktiv dazu beitragen, den Schutz und die Durchsetzung von Eigentumsrechten in allen bilateralen und multilateralen Verträgen der Union zu erhöhen ... insbesondere durch den plurilateralen ACTA-Vertrag".
Der EU-Ministerrat beabsichtige, ganz allgemein gesagt, "alle geeigneten Mittel im Kampf gegen Produktfälschung und Piraterie effektiv zu nutzen", heißt es im letzten Punkt des Resolutionsentwurfs.
(Futurezone | Erich Moechel)