Deutsche Telekom überwachte DGB-Chef

bericht
23.09.2008

Die Deutsche Telekom AG [DT] hat auch Telefonverbindungsdaten des Chefs des Deutschen Gewerkschaftsbunds [DGB], Michael Sommer, durchleuchten lassen.

Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Rene Obermann, habe ihn über entsprechende Erkenntnisse der Bonner Staatsanwaltschaft informiert, sagte Sommer der "Financial Times Deutschland" [Mittwoch-Ausgabe]. "Er wirkte betroffen, aber das würde ich nicht als Entschuldigung werten", sagte der DGB-Chef.

Unterdessen teilte die Deutsche Telekom auf Anfrage mit, mehrere Arbeitnehmervertreter des Kontrollgremiums seien davon unterrichtet worden, dass im Rahmen der Ermittlungen ihre Handynummern aufgetaucht seien. Der Staatsanwaltschaft lägen derzeit aber keine Erkenntnisse vor, dass diese Aufsichtsratsmitglieder Ziele eines gezielten Ausspähungsangriffs gewesen seien.

Strafanzeige gestellt

Sommer hatte mit zwölf weiteren aktiven und ehemaligen Arbeitnehmervertretern aus dem Aufsichtsrat des Telekomkonzerns Ende Mai Strafanzeige gestellt, um als Prozessbeteiligter Einblick in die Akten zu bekommen. Zuvor hatte sich bereits der DT-Vorstand an die Staatsanwaltschaft gewandt.

Hintergrund dieses Schrittes war, dass in den Jahren 2005 und 2006 Telefonverbindungsdaten beim größten europäischen Telekomkonzern offenbar in großem Stil illegal erfasst und ausgewertet worden waren, um Verbindungen zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und Journalisten zu belegen. Damit sollte die Weitergabe vertraulicher Informationen unterbunden werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den früheren DT-Chef Kai-Uwe Ricke und den ehemaligen Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Klaus Zumwinkel.

Gewerkschafter und Journalisten bespitzelt

"Es ist ein Skandal, dass man nicht einmal vor dem DGB und dessen Vorsitzendem haltmacht", sagte Sommer der Zeitung. Die Spitzeleien seien eine schwere Belastung für die Mitbestimmung und die Sozialpartnerschaft. "Ich erwarte nun, dass die Staatsanwaltschaft Schritte unternimmt. Und ich erwarte nicht nur, dass die Telekom sich entschuldigt, sondern dass sie glaubhaft macht, dass dies keine Mittel in einem Unternehmen sind."

(dpa)