Telekombeschwerden auf Allzeithoch
Mit dem Markt wächst auch die Anzahl der Beschwerden. Die Regulierungsbehörde RTR rechnet heuer mit einem neuen Rekordhoch an Schlichtungsfällen. Schlichtungsanträge können ab sofort auch online eingebracht werden.
Rund 5.300 Beschwerden dürften heuer bei der Schlichtungsstelle Rundfunk und Telekom Regulierungsbehörde RTR eingehen, sagte RTR-Geschäftsführer Georg Serentschy am Donnerstag bei der Präsentation des Telekommonitors für das erste Quartal 2008 in Wien. Im Vergleich dazu waren es im vergangenen Jahr 3.700.
Neben Entgeltstreitigkeiten und Vertragsschwierigkeiten, die den Großteil der Schlichtungsfälle ausmachen, komme es vor allem bei mobilen Datendiensten, Mehrwert-SMS und Roaming zu Beschwerden, so Serentschy. Bis Ende September seien bereits mehr als 4.000 Fälle eingegangen.
Neue Richtlinien
Eine Änderung der Richtlinien und ein neues Formular, das auch online eingebracht werden kann, soll das Schlichtungsverfahren beschleunigen. Neu geregelt wurde aber auch die Mitwirkungspflicht der Nutzer. Beantworten sie Fragen der Schlichtungsstelle nicht oder werden Unterlagen nicht geliefert, wird das Verfahren eingestellt.
In Zukunft ist auch vorgesehen, dass betroffene Nutzer selbst Lösungsmöglichkeiten der Streittfälle vorschlagen: "In vielen Fällen wollten die Nutzer nur eine 'Entschuldigung' oder eine kleine Anerkennung, beispielsweise in Höhe von fünf Euro. In solchen Verfahren kann man auf eine rasche Einigung hoffen", erläutert Serentschy.
Das Webformular für Schlichtungsverfahren kann bei der RTR abgerufen werden.
Strengere Prüfung bei Mehrwertdiensten
Intensiver geprüft werden ab sofort Beschwerden bei Mehrwertdiensten, kündigte Serentschy an. Neben technischen und rechnerischen Fragen sollen auch inhaltliche Einwendungsgründe einer Prüfung unterzogen werden. Seit April 2008 sind 310 Missbrauchsfälle eingegangen.
Eine Webplattform zum Mehrwertdienste-Monitoring habe sich bewährt, so Serentschy. Neben einer zeitnahen Informationserfassung wurde dadurch auch eine Sensibilisierung darüber erreicht, welche "Arten von Missbrauch" gerade aktuell seien.
Die gesetzliche Basis zur korrekten Erbringung solcher Mehrwertdienste sei gegeben, es gehe aber um eine konsequente Durchsetzung der Bestimmungen, so Serentschy: Im internationalen Vergleich sei die Entwicklung in Österreich "relativ zahm".
Beschwerden-Ranking
Im vergangenen Jahr wurden 300.000 Euro erstritten. Rund 50 Prozent der Fälle ging laut RTR zugunsten der Beschwerdeführer aus.
Das Ranking der Schlichtungsfälle führte im Jahr 2007 T-Mobile/tele.ring mit rund 900 Fällen an. Gefolgt von MyPhone [660 Fälle], der Telekom Austria [650 Fälle], mobilkom [455 Fälle], Tele2 [365 Fälle], "3" [327 Fälle], Orange/One [300 Fälle] und UPC/inode [200 Fälle].
Das seien jedoch absolute Zahlen, die sich bei der Umlegung auf die Kundenzahlen relativieren würden. So steche etwa der Anbieter MyPhone mit 660 Fällen bei einer Kundenzahl von rund 50.000 hervor, sagte Serentschy. Der Großteil der gegen MyPhone eingebrachten Beschwerden betreffe Vertragsschwierigkeiten.
Rasantes Wachstum bei mobilem Breitband
Der Zuwachs bei den Beschwerden sei auch auf die rasante Entwicklung des österreichischen Telekommarktes zurückzuführen, so Serentschy: "Entwickelt sich der Markt stürmisch, gehen auch die Schlichtungsfälle nach oben."
Besonders starke Zuwächse gab es bei mobilen Breitbandanschlüssen. Bis Ende März wurden 750.000 Anschlüsse gezählt. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es rund 270.000. Festnetz-Breitbandanschlüsse legten im ersten Quartal 2008 auf 1.690.000 zu. Gemeinsam mit mobilen Anschlüssen betrug die Breitbanddurchdringung in Österreich laut RTR mit Ende März 69 Prozent.
Festnetz stagniert
Das Festnetz stagnierte. Bei privaten Haushalten betrug die Festnetzdurchdringung zuletzt 58 Prozent, bei Unternehmen sank sie im ersten Quartal 2008 auf 222 Prozent - von 238 Prozent im vierten Quartal 2007.
Im Mobilfunk stieg bis Ende März zwar die Anzahl der Gesprächsminuten, die Umsätze stagnierten jedoch. Die Mobilfunkpenetration betrug im ersten Quartal 2008 in Österreich 120 Prozent. Bei den Mobilfunktarifen dürfte nach Ansicht Serentschys der Boden erreicht sein: "Ich sehe nicht mehr viel Spielraum nach unten."
(futurezone | Patrick Dax)