Datenskandal bei Deutscher Telekom

04.10.2008

Der Deutschen Telekom wurden 2006 mehr als 17 Millionen Kundendaten gestohlen. Die Datensätze wurden nun nach Angaben des "Spiegel" im Internet zum Verkauf angeboten. Von dem Datenklau sind auch zahlreiche Prominente betroffen.

Ein neuer gewaltiger Datenschutzskandal erschüttert die Deutsche Telekom. Der Mobilfunksparte T-Mobile wurden mehr als 17 Millionen Kundenstammdaten entwendet, teilte der Konzern in Bonn am Samstag mit und bestätigte einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Dem Hamburger Magazin waren jetzt Datensätze vorgelegt worden. Deutschlandweit hat T-Mobile aktuell mehr als 38 Millionen Kunden.

Der Diebstahl, der auch die geschützten Daten vieler Prominenter betraf, habe sich bereits im Jahr 2006 ereignet, damals sei die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden. "Recherchen im Internet und in Datenbörsen ergaben über Monate keine Anhaltspunkte, dass die Daten im Schwarzmarkt weitergegeben oder angeboten wurden."

"Deshalb ging der Konzern davon aus, dass keine Weitergabe der Daten erfolgte", berichtete ein Sprecher der Deutschen Telekom. Dass die Öffentlichkeit erst jetzt informiert worden sei, begründete der Sprecher damit, dass in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft die Täter dingfest gemacht werden sollten.

Zum Verkauf angeboten

Offensichtlich habe sich aber "Der Spiegel" durch Dritte Zugang zu den Daten verschaffen können, hieß es bei der Deutschen Telekom weiter. Laut "Spiegel" wurden die Daten "in kriminellen Kreisen" im Internet zum Verkauf angeboten.

Der "Spiegel" meldete, er habe Einblick in die Daten nehmen können, die "ganz offenbar" aus den Rechenzentren der Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile stammten.

Laut "Spiegel" war das brisante Material schon kurz nach dem Diebstahl bei dubiosen Händlern und anonymen Anbietern im Internet aufgetaucht. Einige von ihnen kämen aus der Porno-Branche - darunter auch ein Erotikunternehmer aus Mainz, dem die Daten angeboten worden seien.

Keine Verbindungsdaten

"Dass dieser Fall aus 2006 uns erneut beschäftigt, trifft uns sehr", sagte Philipp Humm, Geschäftsführer T-Mobile Deutschland laut einer Unternehmensmitteilung. "Wir gingen bisher davon aus, dass diese Daten im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in vollem Umfang sichergestellt wurden."

Die Deutsche Telekom betonte, dass die Datensätze keine Bankverbindungen, Kreditkartennummern oder Verbindungsdaten enthalten. Jedoch seien neben Name und Anschrift die Mobilfunknummer, teils das Geburtsdatum und in einigen Fällen auch die E-Mail-Adresse in den Datensätzen zu finden, so die Deutsche Telekom.

Kostenloser Rufnummernwechsel

Die Deutsche Telekom habe nach dem Datenklau die Sicherheitsstandards noch einmal verschärft und unter anderem die Zugriffsrechte auf Datenbanken eingeschränkt, hieß es in einer Unternehmensmitteilung weiter. Das Unternehmen bot seinen Kunden an, kostenlos die Rufnummer zu wechseln.

Daten von Politikern

Auf dem Datenträger, der dem "Spiegel" vorgelegt wurde, finden sich laut dem Magazin nicht nur viele Prominente aus Kultur und Gesellschaft wie Hape Kerkeling oder Günther Jauch, sondern auch eine große Anzahl geheimer Nummern und Privatadressen von bekannten Politikern, Ministern, Ex-Bundespräsidenten, Wirtschaftsführern und Religionsvertretern.

Für sie würde eine Verbreitung ihrer Kontaktdaten in kriminellen Kreisen eine Bedrohung ihrer Sicherheit darstellen.

Gefährdungsanalysen

Eine Sprecherin des deutschen Bundesinnenministeriums sagte am Samstag, es seien Gefährdungsanalysen für die Betroffenen in Auftrag gegeben und ausgearbeitet worden. "Wir kümmern uns, wir sind da dran." Das Ministerium sei erst in der vergangenen Woche über die Vorfälle informiert worden. Nähere Einzelheiten wollte sie nicht mitteilen.

Der Sprecher der zuständigen Bonner Staatsanwaltschaft, Fred Apostel, bestätigte die Ermittlungen seit 2006. "Wir ermitteln noch", sagte er. Das Verfahren richte sich nicht gegen Unbekannt, sondern gegen Tatverdächtige. Nähere Einzelheiten wollte auch er zunächst nicht nennen. Ein in Köln ebenfalls anhängiges Ermittlungsverfahren dazu wurde demnach inzwischen eingestellt.

Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Deutsche Telekom ihre Kundendaten jahrelang nicht ausreichend gegen unerwünschte Zugriffe gesichert hat. Bei dem Unternehmen hätten bis zu 25.000 Menschen Zugriff auf Kundeninformationen gehabt, etwa Callcenter-Mitarbeiter und Beschäftigte in den T-Punkten, berichtete der "Stern".

Seit Monaten in den Schlagzeilen

Die Deutsche Telekom ist seit Monaten wegen Datenskandalen in den Schlagzeilen. Zuletzt war bekannt geworden, dass in der sogenannten "Spitzelaffäre" auch Prominente wie der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbund [DGB], Michael Sommer, ausgespäht wurden. Er sitzt im Aufsichtsrat der Telekom.

Das Unternehmen hatte im Mai die Ermittlungsbehörden eingeschaltet, nachdem intern Anhaltspunkte gefunden worden waren, dass mehrere Journalisten überwacht worden waren. Die Telekom gestand bereits öffentlich ein, dass in den Jahren 2005 und 2006 Telefonverbindungen zwischen Journalisten und Aufsichtsratsmitgliedern abgeglichen wurden, um undichte Stellen im Unternehmen ausfindig zu machen.

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(futurezone | dpa | APA | AFP)