Vorstandsposten für Datenschutz

10.10.2008

Die Deutsche Telekom zieht aus dem Diebstahl von 17 Millionen Kundendaten Konsequenzen und schafft ein eigenes Vorstandsressort für Datenschutz. Konzernchef Rene Obermann bestätigte Ermittlungen in sechs weiteren Fällen entwendeter Daten.

Nach dem wiederholten Diebstahl von Kundendaten will die Deutsche Telekom jetzt mit einem Sofortprogramm Löcher in ihren Sicherheitssystemen stopfen.

Konzernchef Obermann kündigte am Freitag die Berufung eines neuen Vorstands für Datenschutz an. "Durch das neue Vorstandsressort stellen wir sicher, dass die notwendigen Maßnahmen zum Datenschutz zentral abgestimmt und konzernweit umgesetzt werden", sagte er in Bonn.

Ermittlungen in weiteren Fällen

Am vergangenen Wochenende war bekannt geworden, dass 17 Millionen Kundendaten gestohlen worden waren. Nun bestätigte Obermann, dass in sechs weiteren Fällen entwendeter Daten ermittelt wird.

Sicherheitslücken

Möglich wurden die Diebstähle auch durch Sicherheitslücken beim Zugang zu den Kundendatenbanken von T-Mobile und T-Home. Hier sollten die Sicherheitsstandards nun erhöht werden, sagte Festnetz-Vorstand Timotheus Höttges, der seit Jahresbeginn für die Konzernsicherheit zuständig ist.

Der externe Zugriff auf die Datenbanken werde nun eingeschränkt. Er räumte ein, dass es im Konzern bislang keine klaren Zuständigkeiten dafür gab. So wurden Mängel, die bei einer Datenbank behoben wurden, nicht auch bei anderen beseitigt. Obermann schloss personelle Konsequenzen nicht aus.

Informationen im Internet

Die Deutsche Telekom will zudem ab kommender Woche die Kunden informieren, sobald ein neuer Datendiebstahl entdeckt werden sollte. Aus Sicht einiger Politiker hätte die Telekom bei dem millionenfachen Datendiebstahl im Jahr 2006 ihre Kunden umgehend informieren müssen, zumal auch die Telefonnummern und Adressen von Prominenten und Politikern gestohlen worden waren.

Der Deutsche-Telekom-Chef verteidigte sich gegen den Vorwurf. "Die Staatsanwaltschaft war direkt informiert worden und wir konnten keine Zirkulation der Daten feststellen."

Die Staatsanwaltschaft Bonn prüfe, ob die Ermittlungen wegen des Raubs der 17 Millionen Datensätze neu aufgenommen werden sollen. Die Kölner Ermittler hatten die Untersuchung im Juni eingestellt, obwohl zumindest ein wichtiger Zeugen nach eigenen Angaben nicht befragt worden war.

Datenschutz kostet Geld

Für Konzerninsider kam der Datenskandal nicht überraschend, nur der Umfang. Denn die Telekom konzentrierte ihre Kraft auf die Gewinnung neuer Kunden und Kosteneinsparungen. Dass dabei ein Thema wie der Datenschutz ausgespart wurde, verwundert nicht. Denn Datenschutz kostet Geld.

An Investitionen in neue Sicherungssysteme und Personal kommt das Unternehmen nun nicht vorbei. Alleine die Berufung eines neuen Vorstands wird mindestens eine Million Euro pro Jahr kosten, rechnet eine Führungskraft vor.

Wirtschaftliche Einbußen

Mit der Berufung eines eigenen Datenschutz-Vorstands folgt die Telekom dem Beispiel des Siemens-Konzerns, der nach der Schmiergeld-Affäre einen vergleichbaren Posten geschaffen hatte.

Dies wurde dem Vernehmen nach auch zwingend nötig, da wegen des Skandals wirtschaftliche Einbußen drohen. Obermann betonte allerdings, dass bei der zu Wochenbeginn eingerichteten Hotline bislang erst 750 Kunden eine neue Handy-Nummer beantragt hätten.

Kritik an Obermann

Die Deutsche Telekom steht wegen der Datenpannen und der Bespitzelung von Aufsichtsräten und Journalisten seit Mai 2008 massiv in der Kritik.

Nach dem Auftauchen weiterer Datenskandale werden zunehmend Rücktrittforderungen an Obermann laut. Die lehnte er ab. Er sei angetreten, die Telekom zu modernisieren, und dies dauere mehrere Jahre, sagte Obermann.

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(dpa | AFP)