Vorratsdatenspeicherung bestätigt

14.10.2008

Laut dem EU-Generalanwalt Yves Bot ist die Rechtsgrundlage für die Vorratsdatenspeicherung in Europa gültig. Er empfiehlt dem EuGH, die von Irland angestrengte Klage abzuweisen. Seine Empfehlung ist nicht bindend, die Richter folgen dem Generalanwalt aber meist.

Er bestätigte die Richtlinie aus rein formalen Gründen. Die Frage der Verletzung der Grundrechte wurde von Bot nicht behandelt. Die gespeicherten Daten sollen der Ermittlung und Aufdeckung von Straftaten einschließlich des Terrorismus dienen.

Die am 15. März 2006 erlassene EG-Richtlinie zur Data-Retention verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Union dazu, Gesetze zu erlassen, welche die Telefon- und Internet-Provider dazu verpflichten, verdachtsunabhängig alle Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden mindestens sechs Monate lang zu speichern.

Die Richtlinie sei zu Recht auf Grundlage des EG-Vertrags erlassen worden, da sie keine Bestimmung über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen enthalte, die unter den EU-Vertrag fallen könnte, so Bot in seinem Schlussantrag.

Harmonisierung im Vordergrund

Bereits vorher hätten einige EU-Mitgliedsstaaten eigene Rechtsvorschriften über eine Vorratsdatenspeicherung [VDS] erlassen, führt Bot seine Begründung aus.

Diese seien vor allem bei der Speicherdauer und der Art der zu speichernden Daten erheblich voneinander abgewichen. Entsprechend seien auch die Kosten für die jeweiligen Diensteanbieter je nach Land unterschiedlich.

Behinderung des freien Verkehrs

Diese Unterschiede könnten eine Behinderung des freien Verkehrs elektronischer Kommunikationsdienste darstellen und Hindernisse für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts für die elektronische Kommunikation schaffen, so Bot.

Folglich erscheine dem Generalanwalt die Annahme der Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 95 des EG-Vertrags [Harmonisierung des Binnenmarkts] begründet.

Zum Argument Irlands, dass die Richtlinie als Zweck die Ermittlung, Feststellung und Verfolgung schwerer Verbrechen habe, erklärte der Generalanwalt, dass nicht zu bestreiten sei, dass "der Grund für die Pflicht zur Vorratsspeicherung darin liegt, dass sie diesen Zweck fördert".

Dennoch sei dieses Ziel nicht ausreichend, um sie in den Bereich "Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen" einzuordnen.

Die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen würden kein unmittelbares Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedsstaaten umfassen, sondern Maßnahmen, die vor der eventuellen Durchführung einer Maßnahme der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit anzusiedeln seien, so Bot weiter.

Die Richtlinie harmonisiere weder den Zugang zu den Daten durch nationale Strafverfolgungsbehörden noch den Datenaustausch, etwa im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen. Diese Fragen fallen seiner Ansicht nach in den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und seien zu Recht nicht in der Richtlinie geregelt worden.

Vorratsdaten auch in Österreich

Sollte die Klage auch vom EuGH abgewiesen werden, müsste auch Österreich die Vorratsdatenspeicherung umsetzen. Bisher hat man im zuständigen Verkehrsministerium unter Hinweis auf das noch ausständige Urteil eine weitere Ausarbeitung und Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung verschoben. Das Innenministerium plädierte für eine Speicherfrist von einem Jahr. Das Urteil des EuGH wird für Anfang 2009 erwartet.

In Österreich hätte die Vorratsdatenspeicherung laut dem Salzburger Richter und Internet-Rechtsexperte Franz Schmidbauer noch einen zusätzlichen Effekt, wie er im Juni gegenüber ORF.at sagte. Sie würde Positions- und Verbindungsdaten aller in Österreich telefonierenden Personen bereitstellen, auf welche die Polizei mittlerweile ohne richterliche Kontrolle über das im Dezember novellierte Sicherheitspolizeigesetz zugreifen kann.

In Deutschland, wo die Richtlinie bereits zum 1. Jänner umgesetzt wurde, sind mehrere Verfassungsklagen gegen die verdachtsunabhängige Massenspeicherung der Telefoniedaten anhängig.