Pornoproduzenten mahnen P2P-Nutzer ab
Deutsche Pornofilmhersteller lassen nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Format" österreichische Tauschbörsennutzer wegen Urheberrechtsverletzungen abmahnen und fordern 790 Euro und mehr pro Datei an Schadenersatz.
Seit einigen Wochen werden zahlreiche österreichische Tauschbörsennutzer von der Vorarlberger Anwaltskanzlei Kanzlei Längle Fussenegger Singer mit Unterlassungserklärungen eingedeckt, berichtet das Magazin "Format" in seiner jünsten Ausgabe [Artikel noch nicht online].
Betroffen seien Nutzer der Tauschbörse eDonkey, heißt es in dem Bericht weiter. Ihnen werde im Auftrag verschiedener deutscher Pornoproduzenten vorgeworfen, Urheberrechtsverletzungen in Filesharing-Netzwerken begangen zu haben.
Die Nutzer werden von der Anwaltskanzlei in einem laut dem Magazin "aggressiv gehaltenen" Schreiben aufgefordert, 790 Euro und mehr pro Datei zu zahlen. Bei Nichtbezahlen wird eine Klage in Aussicht gestellt.
790 Euro "Pauschale"
Der Anwalt Dieter Fussenegger von der Vorarlberger Kanzlei bestätigte gegenüber ORF.at den Versand der Schreiben: "Es trifft zu, dass wir Urheberrechtsverletzungen über Auftrag unserer Mandanten anwaltlich geltend machen." Bei dem in den Briefen geforderten Betrag von 790 Euro handle es sich um eine Pauschale, die Ansprüche der Rechteinhaber nach dem Urheberrechtsgesetz, die Kosten der Beweissicherung sowie die Anwaltskosten abdecken soll.
Die Urheberrechtsverletzungen wurden laut Fussenegger von einem von den Mandanten der Kanzlei beauftragten Software-Unternehmen erfasst und ausgewertet. Als Auftraggeber nannte der Anwalt Medien- und Software-Unternehmen.
Stammdaten weitergegeben
Von den Schreiben waren laut "Format" Kunden der Telekom Austria [TA] betroffen. Am Freitag wurde bekannt, dass auch andere heimische Internet-Anbieter Stammdaten ihrer Nutzer [Anm.: Wer zu einem bestimmten Zeitpunkt Inhaber einer IP-Adresse war] an die Anwaltskanzlei weitergegeben haben. Nach Angaben der Kanzlei waren dies vor allem lokale Provider.
Die Telekom Austria berief sich in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Magazin auf "eine gesetzliche Auskunftspflicht nach dem Urheberrechtsgesetz, auch ohne richterlichen Beschluss oder staatsanwaltlichen Auftrag Auskunft über die Stammdaten ihrer Kunden geben zu müssen".
Gegenüber ORF.at sagte TA-Sprecher Martin Bredl, dass im Jahr 2005 eine Urteil des Obersten Gerichtshofs [OGH] ergangen sei, das die Telekom Austria bei Urheberrechtsverletzungen zur Herausgabe der Daten an Rechteinhaber zwinge. Die TA habe sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den Richterspruch gewehrt, sagte Bredl: "Aufgrund des Urteils sind wir jedoch gezwungen, die im Urheberrecht vorgegebene Herausgabe durchzuführen."
Ob in solchen Fällen Urheberrecht vor Datenschutz geht, ist nach Meinung von Rechtsexperten jedoch in der Schwebe. Der OGH hatte diese Frage 2007 in einem Verfahren einer Verwertungsgesellschaft gegen einen Internet-Anbieter an den Europäischen Gerichtshof [EuGH] weitergegeben. Eine Entscheidung steht noch aus.
"Freiwillige Auskunft"
"Wenn jemand Auskunft gibt, dann gibt er freiwillig Auskunft", sagte der Salzburger Richter Franz Schmidbauer, der die Website Internet4Jurists betreibt, zu ORF.at. Seiner Meinung nach besteht derzeit keine zivilrechtliche Auskunftspflicht für Provider.
Am 13. November 2007 setzte der OGH ein Musterverfahren einer österreichischen Verwertungsgesellschaft gegen einen Provider aus. Die Richter baten den EU-Gerichtshof zu klären, ob der in Paragraf 87b des österreichischen Urheberrechtsgesetzes festgeschriebene zivilrechtliche Auskunftsanspruch der Rechteinhaber mit der EU-Rechtslage vereinbar ist.
Das Urheberrechtsgesetz [§ 87b] verpflichtet "Vermittler" dazu, Rechteinhabern, deren Urheberrechte verletzt wurden, auf zivilrechtlichem Weg Auskunft über die Identität der "Verletzer" zu geben. Laut Urheberrechtsgesetz müssten diese den Rechteinhabern Auskünfte über die Stammdaten erteilen.
"Auskunft nur bei richterlichem Befehl"
Beim Verband Internet Service Provider Austria [ISPA] sieht man die Sachlage ähnlich. "Wir empfehlen unseren Mitgliedern, nur auf richterlichen Befehl Auskunft über Nutzerdaten zu erteilen", sagte ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger zu ORF.at.
Solange der Fall vor dem EuGH nicht geklärt sei, könnten Personen, die durch die Datenweitergabe geschädigt würden, auch klagen. Einzinger lehnt die Vorgehensweise der Rechteinhaber gegen Tauschbörsennutzer ab: "Das ist unangemessen und äußerst überzogen."