Vernetzung über Geodaten

22.10.2008

Was tun mit GPS-Daten? Der Wiener Online-Dienst timatio bietet Archivierungsfunktionen für Geodaten und will GPS-Nutzer über ihre GPS-Tracks vernetzen - Teil sechs der futurezone.orf.at-Serie "Start-up-Geschichten".

"Als ich vor vier Jahren begonnen habe, mich für GPS zu interessieren, gab es keinen Online-Dienst, wo ich meine Geodaten archivieren konnte", sagt Alex Mayrhofer. Auch die Möglichkeit, die Daten mit denen anderer Nutzer zu verknüpfen, habe es damals nicht gegeben, so der IT-Fachmann, der bei der österreichischen Domain-Verwaltungsstelle nic.at das Forschungs- und Entwicklungsteam leitet.

Gemeinsam mit Christian Spanring, der im Hauptberuf den Bereich Geoinformation am Österreichischen Institut für Raumplanung koordiniert, überlegte sich Mayrhofer, wie diese Lücke geschlossen werden kann. Denn: "GPS kann sehr viel Spaß machen."

Das Ergebnis der Überlegungen ist der Online-Dienst timatio, der neben der Archivierung auch den Austausch von Geodaten ermöglicht: "Ebenso wie Leute heute Fotos und andere Inhalte mit Freunden teilen wollen, werden sie bald auch ihre Bewegungsmuster, etwa von Radausflügen und Wanderungen, tauschen wollen", so Mayrhofer. Die Nutzer sollen sich über ihre zurückgelegten Wege [Tracklogs und Waypoints] vernetzen können, ergänzt Spanring: "Wir wollen ein soziales Netzwerk um diese Daten bauen."

"Friendly Customers"

Seit August ist timatio öffentlich zugänglich. Vorerst wird der Dienst von Freunden und Bekannten - Mayrhofer und Spanring nennen sie "Friendly Customers" - genutzt und getestet.

Die auf timatio hochgeladenen Geodaten kommen in eine auf Open Source basierende Datenbank, die "sehr flexible Möglichkeiten" erlaubt, die geografischen Daten miteinander zu verknüpfen. Tracks und Waypoints werden über Google-Maps gelegt und können über die Profile der Nutzer abgerufen werden. Ebenso wie bei anderen Social-Networking-Sites können die Nutzer selbst bestimmen, wer auf welche Inhalte zugreifen kann.

Alex Mayrhofer und Christian Spanring [v. l. n. r.].

Der Name timatio leitet sich vom GPS-Vorgängerprojekt Timation ab, das 1964 am US-Naval-Research-Laboratory in Washington D. C. gestartet wurde.

"Ideen kommen von den Nutzern"

Der Dienst ist derzeit in einer Basisversion verfügbar. Um welche Funktionalitäten timatio erweitert werden soll, hoffen Mayrhofer und Spanring aus dem Feedback der Testkunden zu erfahren.

Konkrete Anwendungsmöglichkeiten für die Geodaten wolle man nicht vorgeben, meint Spanring. Der Dienst solle so offen wie möglich bleiben: "Unsere User kommen auf viel interessantere Ideen, als wir sie jemals haben könnten."

"Man kommt über GPS-Tracks zusammen"

Derzeit werde timatio etwa zur Dokumentation von Wanderungen und Segel-Turns sowie zur Markierung von Schwammerlplätzen genutzt. "So kann ich etwa andere Leute kennenlernen, die dieselbe Wanderung wie ich gemacht haben", sagt Mayrhofer: "Man kommt über GPS-Tracks zusammen."

Denkbar seien auch wettbewerbsähnliche Anwendungen: "Ich kann über die Datenbank herausfinden, wer noch auf der Prater Hauptallee läuft und wie lange diese Leute für die gleiche Strecke brauchen - ein virtueller Wettlauf also."

Verbesserung des Nutzer-Interfaces

Demnächst wollen Mayrhofer und Spanring auch eine Programmierschnittstelle [Application Programming Interface, API] für timatio bereitstellen. Dann sollen die dort gehorteten Geodaten etwa in Weblogs eingebunden und mit einem Mausklick dem Community-Landkartenprojekt Open Street Maps zur Verfügung gestellt werden können. Auch das Nutzer-Interface soll verbessert werden. "Die Benutzeroberfläche ist noch sehr technisch", meint Spanring.

An der statistischen Analyse der Daten wird ebenfalls gefeilt: "Wir wollen möglichst viele Informationen aus den Daten herausbekommen", so Mayrhofer: An einem GPS-Track könne man etwa erkennen, ob er über Gehen, Fliegen oder Fahren zustande kam.

"Freizeit in das Projekt investiert"

Finanzierungsbedarf sehen Mayrhofer und Spanring für timatio noch keinen. "Wir wollen das langsam angehen", sagt Mayrhofer. Bisher habe man vor allem die eigene Freizeit in das Projekt investiert. Das wollen sie vorerst auch so beibehalten: "Wir glauben, dass wir eine interessante Idee haben und die wollen wir erst einmal ausprobieren." Vielleicht werde man "irgendwann einmal" ein Unternehmen gründen.

Überlegungen zu Geschäftsmodell

Erste Überlegungen zu Geschäftsmodellen gibt es bereits. So wird etwa über Kooperationen mit Toursimusanbietern nachgedacht: "Die Statistiken der Tourismusregionen enden häufig bei der Anzahl der ausgelasteten Betten", sagt Mayrhofer: Interessant wäre jedoch auch, wo sich die Gäste bewegen."

Die Zukunft des Dienstes lassen Mayrhofer und Spanring bewusst offen. Vorerst gehe es darum, eine Plattform zu schaffen, die in bestmöglicher Art GPS-Daten archiviert, analysiert und bereitstellt, sagt Mayrhofer: "Der Optimalfall wäre, wenn wir in den nächsten Jahren zu den ersten Adressen für das Sammeln und Teilen von Geodaten werden: eine Art flickr für GPS-Tracks."

"Start-up-Geschichten"

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichten wir laufend über innovative Web- und IT-Dienste aus Österreich. Bisher erschienen:

(futurezone | Patrick Dax)