Patientenakten im Internet aufgetaucht

Deutschland
21.10.2008

Nachdem vertrauliche Patientenakten aus mehreren deutschen Krankenhäusern im Internet aufgetaucht waren, ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Eine Firma aus Münster, die die Akten digitalisieren und dann vernichten sollte, habe Anzeige gegen "einen namentlich bekannten Tatverdächtigen" erstattet, sagte ein Behördensprecher am Dienstag in Leipzig.

Dem Mann werden Hausfriedensbruch und Geheimnisverrat vorgeworfen. Zu den Kunden des Unternehmens gehören Krankenhäuser in Karlsruhe, Kassel, Offenbach und Hofgeismar.

Akten fotografiert und veröffentlicht

Der mutmaßliche Täter, zu dem die Ermittler keine weiteren Angaben machen wollten, habe die Akten fotografiert und veröffentlicht. Die Papiere lagerten nach Recherchen des Südwestrundfunks [SWR] in der Alten Messe Leipzig in einer Halle, in der nebenan Kleidung verkauft wurde.

Über die Motive des Mannes lasse sich nur spekulieren, sagte der Sprecher weiter. Möglicherweise handelt es sich um einen Wettbewerber der betroffenen Münsteraner Firma für Archivlösungen. Vermutet wurde aber auch, er habe auf Missstände bei der Lagerung der sensiblen Akten in den angemieteten Räumen aufmerksam machen wollen.

"Katastrophe"

Der Geschäftsführer des Klinikums in Karlsruhe, Dieter Daub, hatte nach Bekanntwerden der Vorfälle am Wochenende von einer "Katastrophe" gesprochen. Bevor der Auftrag zur Digitalisierung der Daten vergeben wurde, sei die Firma mit Sitz in Münster überprüft worden. Es sei aber nichts zu beanstanden gewesen.

Die Website, auf der die Patientendaten veröffentlicht wurden, lässt sich nach Angaben des in Münster ansässigen Unternehmens für Archivlösungen inzwischen nicht mehr aufrufen. Der Geschäftsführer des Klinikums Offenbach, Hans-Ulrich Schmidt, sagte der "Offenbach-Post", es handle sich um 10.000 bis 15.000 Akten, die in Leipzig digitalisiert und auf Film gezogen werden sollten. "Wir sind bei diesem Thema hochsensibel", zitierte das Blatt den Klinikchef.

Der Fachverband für Multimediale Informationsverarbeitung [FMI] wertete den Umgang des Dienstleisters aus Münster als eindeutigen Verstoß gegen das Landesdatenschutzgesetz. Datenschutzrechtlich höchst bedenklich sei auch der Transport der vertraulichen Akten aus einem Klinikum, sagte Geschäftsführer des FMI, Achim Carius, in Frankfurt.

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(dpa)