Google wird Online-Buchhändler

28.10.2008

In einem seit 2005 schwelenden Verfahren über den Umgang mit digitalisierten Büchern hat sich der Suchmaschinenkonzern Google in den USA mit führenden Verlagen und dem Autorenverband Authors Guild geeinigt. Der Vergleich erschließt Google und Verlegern auch eine neue Daten- und Einnahmequelle: antiquarische Bücher.

Laut einer Mitteilung des Unternehmens vom Dienstag hat sich Google mit führenden US-Verleger- und Autorenverbänden über den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Büchern geeinigt, deren Inhalte im Rahmen der Digitalisierungsinitiative von Google im Netz verfügbar gemacht werden. Das Abkommen sieht unter anderem vor, dass Nutzer die vollständigen Digitalisate antiquarischer Bücher beim Anbieter ihrer Wahl erwerben können.

Google war 2005 sowohl von der Authors Guild als auch von fünf in der Association of American Publishers [AAP] organisierten Buchverlagen geklagt worden. Verleger und Autoren hatten sich daran gestört, dass Google die Bestände großer US-Bibliotheken gescannt hatte, ohne vorher die Zustimmung der Rechteinhaber eingeholt zu haben.

Google hatte den Copyright-Inhabern seinerzeit zwar die Möglichkeit geboten, ihre Werke von der Digitalisierung ausschließen zu lassen. Autoren und Verlegern war diese Option aber nicht genug, sie reichten Sammelklagen beim Bezirksgericht des Southern District of New York ein.

Neutrales Register als Anlaufstelle

Sollte das Gericht dem Vergleich zustimmen, zahlt Google 125 Millionen US-Dollar. Aus dieser Summe werden zunächst die Verfahrenskosten beglichen. Mit dem Geld soll aber auch für 34,5 Millionen Dollar ein unabhängiges und gemeinnütziges Register für Buchrechte eingerichtet werden, das von Autoren und Verlagen betrieben wird.

Rechteinhaber können sich in dieses Register eintragen lassen und an den Einnahmen partizipieren, die über die Google-Digitalisate erzielt werden. Der zentrale Aspekt des Vergleichs besteht nämlich darin, ausverkaufte und nicht mehr nachgedruckte Bücher, an denen Verlage oder Autoren noch die Rechte halten, zu Geld machen zu können. Das Register soll auch als Anlaufstelle für internationale Rechteinhaber dienen, deren Bücher in den USA von Google digitalisiert worden sind. Außerdem verteilt es die Einnahmen aus Online-Buchverkäufen und Werbung.

Die Preise

Wenn die Rechteinhaber es wollen, können sie es Google erlauben, 20 Prozent der Seiten antiquarischer Bücher in der Vorschau anzeigen zu lassen. Das ist auch im bereits laufenden Partnerprogramm von Google Book Search so geregelt. Bei belletristischen Titeln [Fiction] sind generell die letzten fünf Prozent der Seiten oder mindestens die letzten 15 Seiten des Buchs gesperrt. Das soll dem Durchblättern in der Buchhandlung entsprechen. Interessierte Leser sollen den Zugriff auf die kompletten digitalen Bücher online bei Google erwerben können. Die Rechteinhaber können dabei entweder einen Preis fixieren oder diesen von einem von Google geschriebenen Algorithmus festlegen lassen. Generell sollen die Digitalisate zu Festpreisen von 1,99 bis 29,99 US-Dollar erhältlich sein.

Festgelegt werden die Preise von Google und dem Rechteverwaltungsregister. Für Institutionen wie Bibliotheken, Firmen und Universitäten soll es Mitarbeiter-Subskriptionsmodelle geben. Ob der Zugriff auf die Bücher international freigegeben wird, bleibt dabei den Inhabern der Urheberrechte überlassen. Google führt 70 Prozent der Nettoverkaufssumme an das Register ab, das diese dann wiederum an die Rechteinhaber ausschüttet.

Kopieren und Drucken eingeschränkt

Im vorliegenden Vergleichspapier, das ohne Anhänge immerhin 141 Seiten umfasst, sind auch die technischen Möglichkeiten festgelegt, die Rechteinhaber und Google dem "Käufer" eines antiquarischen Digitalisats einräumen wollen.

Demnach wird es dem Käufer möglich sein, maximal vier Seiten des Inhalts eines Buchs in den Zwischenspeicher des Computers zu kopieren. Auch der Ausdruck ist auf 20 Seiten pro Druckbefehl begrenzt. Zudem wird Google beim Ausdruck ein sichtbares Wasserzeichen anbringen, das darauf hinweist, dass das ausgedruckte Material urheberrechtlich geschützt ist. Zudem sollen die Ausdrucke auch steganographische Informationen über den Käufer [Session Identifying Information] erhalten und darüber, an welcher Stelle dieser den Ausdruck vorgenommen hat.

Verteilung der Werbeeinnahmen

Wie von Google gewohnt, ist in dem Vergleich auch vorgesehen, mit Werbung neben den Büchern Geld zu verdienen. Google führt, so das Vergleichspapier, 70 Prozent der Nettowerbeeinnahmen an das Register ab, das diese dann wiederum an die Rechteinhaber verteilt.

Das Abkommen betrifft nur Bücher, die in den USA eingescannt wurden. Google arbeitet jedoch auch mit zahlreichen europäischen Bibliotheken in Sachen Digitalisierung zusammen. Inwieweit Google auch in Europa in direkten Wettbewerb mit Online-Buchhändlern wie Amazon treten wird, bleibt ebenso abzuwarten wie die Entscheidung des New Yorker Bezirksgerichts zum vorgelegten Vergleichsvorschlag.

(futurezone | Günter Hack)