Entsetzen über Vorgänge in Los Alamos
In das Aufatmen mengt sich Entsetzen. Zwar wurden die Festplatten mit den Atomwaffen-Daten wieder gefunden, doch das Vertrauen in die Sicherheit der amerikanischen Atomgeheimnisse bleibt erschüttert.
Zwei Tage nach dem Auftauchen der verschwundenen Festplatten aus dem US-Atomwaffenlabor Los Alamos konzentriert sich das Bundeskriminalamt FBI bei seinen Ermittlungen auf einige Wissenschaftler.
Das FBI hatte 26 Mitarbeiter des Labors, die Zugang zu dem Bunker mit den Festplatten hatten, einem Lügendetektortest unterzogen.
Dabei hatten sich einige nach Medienberichten in Widersprüche verstrickt. Auf sie konzentrierten sich jetzt die Ermittlungen.
Platten hinter Kopierer gefunden
Die Festplatten waren am Freitagnachmittag in einem
Sicherheitstrakt des Labors hinter einem Kopierer gefunden worden.
Die Stelle war zuvor bereits zwei Mal abgesucht worden. Auf den
Festplatten sind neben allen wesentlichen Geheimdaten zur
Entschärfung der amerikanischen Atombomben angeblich auch
Informationen über Atomwaffen Frankreichs, Chinas und Russlands. Sie
waren irgendwann zwischen Anfang April und Anfang Mai verschwunden.
Politische Debatte in den USA auf Hochtouren
Unterdessen entbrennt in den USA die politische Debatte um schärfere Sicherheitsvorkehrungen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat George Bush sprach von einem "Chaos" und machte die Regierung von Präsident Bill Clinton verantwortlich.
Als im vergangenen Jahr der Los-Alamos-Wissenschaftler Wen Ho Lee beschuldigt wurde, Atomwaffen-Daten von zu Hause aus auf seinen Computer heruntergeladen und an China weitergeleitet zu haben, versprach Energieminister Bill Richardson verbesserte Sicherheitsmaßnahmen.
Jetzt kann der Energieminister zumindest seine Hoffnungen begraben, unter einem demokratischen Präsidenten Al Gore Vizepräsident zu werden.
Nicht besonders glaubwürdig
ist derzeit der Leitspruch des National Laboratory von Los
Alamos: "Unser Hauptziel besteht darin, die nukleare Gefahr weltweit
zu minimieren."
Sicherheitsregeln unter George Bush gelockert
Nach Angaben der "Washington Post" handelt es sich dabei aber um ein Familienproblem:
Bushs gleichnamiger Vater habe in den letzten Tagen seiner Amtszeit als Präsident die Sicherheitsregeln gelockert, um die Bürokratie zu verschlanken.
So ordnete er 1992 an, dass nur noch über Dokumente mit dem Vermerk "Top Secret" genaue Register geführt werden mussten. Die nur als "Secret" eingestuften Festplatten konnten dagegen von 26 Wissenschaftlern in Los Alamos unbeaufsichtigt aus dem Bunker geholt werden. Insgesamt 83 Personen hatten Zugang zu dem Bunker.
Los Alamos gilt als Geburtsstätte der Atombombe. Hauptaufgabe des Labors ist es heute, das Atomwaffenarsenal der USA zu warten und zu verwalten.