Kampf um Vorherrschaft auf Mobilfunkmarkt
Mit dem Erwerb weiterer UMTS-Mobilfunklizenzen will die Deutsche Telekom [DT] in Europa im mobilen Internet künftig eine führende Rolle spielen.
"Wir konzentrieren uns auf jene Länder, in denen wir bereits Kunden haben", sagte der Vorstandschef der T-Mobile International AG, Kai-Uwe Ricke, bei der Präsentation der Aktivitäten der künftigen US-Mobilfunktochter VoiceStream in New York. Insgesamt geht es nach seinen Worten um zehn Länder, unter anderem in Osteuropa.
Zu den Ländern gehört auch Österreich, wo die Deutsche-Telekom-Tochter max.mobil am vergangenen Freitag eine Lizenz ersteigert hat.
Vodafone am besten positioniert
Nach Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden verfügt die
Deutsche Telekom damit über vier UMTS-Lizenzen in Europa. Noch
besser positioniert ist die britische Vodafone, die auch in Spanien
und Italien erfolgreich war. Nach weiteren Angaben von Ricke wird
sich die DT in Belgien mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um eine
Konzession bewerben. Unklar ist weiterhin, ob sich das Unternehmen
in der Schweiz entweder über eine Beteiligung an der
Mobilfunktochter der Swisscom oder dem Telefonanbieter Diax
engagieren wird. Geprüft wird eine UMTS-Bewerbung noch in Frankreich
und Portugal.
Nur fünf globale Anbieter werden überleben
Auf dem Telekommunikationsmarkt sei die Konzentration noch nicht abgeschlossen, sagte Ricke weiter.
Am Ende dieses Prozesses stehen seiner Meinung nach fünf globale Anbieter: Hierzu zählte er neben der Deutschen Telekom die japanische NTT DoCoMo, Vodafone, France Telecom sowie eine Gruppe um AT&T und British Telecom [BT]. "Noch vor dem Start des Mobilfunks der dritten Generation [wird sich] die Spreu vom Weizen trennen", prophezeite Ricke.
Als nicht abgeschlossen bezeichnete er die Themen Telefonica und Telecom Italia. Der spanische Konzern wurde mehrfach mit der BT in Verbindung gebracht und Telecom Italia mit der Deutschen Telekom. Mitte 1999 war die geplante deutsch-italienische Allianz geplatzt, als der Olivetti-Gruppe eine feindliche Übernahme der Telecom Italia gelang.
Europäische Allianzen
Die Logik eines Zusammenschlusses von Telecom Italia und Telekom
bezeichnete Ricke erneut als "bestechend", fügte aber hinzu, dass
sich in dieser Frage nichts tue. Alles brauche seinen richtigen
Zeitpunkt, sagte er. Ohne die Märkte in Italien und Spanien könne
die Telekom auf Dauer kein paneuropäischer Anbieter werden. Nach
Expertenmeinung würden sich beide Unternehmen hervorragend ergänzen:
Während sich die Telecom Italia nicht in Deutschland um eine
UMTS-Lizenz bewarb, verzichteten die Bonner umgekehrt auf eine
Bewerbung in Italien. In Spanien kämen die Bonner über die Italiener
ins UMTS-Geschäft, in Großbritannien umgekehrt. In Frankreich, wo
Telecom Italia an Bouygues Télécom beteiligt ist, wäre ein
gemeinsamer Einstieg ins französische UMTS-Geschäft über den
drittgrößten Mobilfunkanbieter des Landes möglich.
Vodafone schlägt DT aus dem Rennen
Einen strategischen Rückschlag muss die Deutsche Telekom auf dem Schweizer Mobilfunkmarkt einstecken: Der britische Konzern Vodafone steigt nach Presseberichten wahrscheinlich mit rund 25 Prozent ins Mobilfunkgeschäft des Schweizer Ex-Monopolisten Swisscom ein.
Die Deutsche Telekom, die ebenfalls mit Swisscom verhandelt hatte, wäre damit aus dem Rennen.
Da die Swisscom-Tochter Mobile Com zuerst noch in eine eigenständige Aktiengesellschaft umgewandelt werden müsse, könne der Deal erst in einer gemeinsamen Absichtserklärung festgehalten werden, berichtete die in Zürich erscheinende "Sonntagszeitung". Die Schweizer Regierung müsse die Vereinbarung am Mittwoch noch absegnen, hieß es.
Der Einstieg von Vodafone bei Mobile Com käme damit gerade noch rechtzeitig vor der Versteigerung der UMTS-Lizenzen in der Schweiz zu Stande, die am 13. November beginnen soll.
VodafoneBeginnender Boom auf dem US-Mobilfunkmarkt
In den Vereinigten Staaten zeichnet sich ein Boom ab. Telefonierten Ende 1999 rund 81 Millionen Amerikaner mobil, so waren es Mitte des Jahres bereits 94 Millionen.
Noch hinken die USA beim Mobilfunk Europa hinterher: Nur etwa 33 Prozent der Haushalte besitzen nach Angaben des Chefs des US-Mobilfunkanbieters VoiceStream, John Stanton, ein Mobiltelefon; in Deutschland ist die Penetrationsrate doppelt so hoch.
Allerdings wird der Handymarkt in den USA in drei Jahren größer sein als in Europa. Die Deutsche Telekom hofft, durch den milliardenschweren Kauf von VoiceStream dann dabei zu sein.
T-Mobile-International-Vorstandsvorsitzender Ricke äußerte vor Journalisten in New York die Erwartung, dass die Marke von einer Milliarde Handys in den USA bereits 2003 übertroffen sein wird. Gegenwärtig dürfte die Zahl bei 500 Millionen liegen.
Zwar liegt VoiceStream unter den amerikanischen Anbietern erst auf Platz sechs. Aber das Unternehmen ist die größte Gesellschaft, die GSM-Standard nutzt. In den USA gibt es viele unterschiedliche Standards. Stanton spricht von einem Fleckerlteppich. Die Mobilkommunikation endet häufig bereits an der regionalen Grenze. Landesweite Lizenzen gibt es in der Regel nicht. Bei VoiceStream dagegen können die Kunden dank GSM seit 1994 nicht nur fast überall in den USA, sondern auch im Ausland telefonieren, was sonst mit US-Handys nicht möglich ist.
VoiceStreamUMTS in den USA erst 2004
Mit der Übernahme von VoiceStream durch T-Mobile - nach Einschätzung Rickes dürfte sie im ersten Halbjahr 2001 erfolgen - würde die Zahl der potenziellen Deutsche-Telekom-Kunden um 245 Millionen steigen, das wären 90 Prozent der Amerikaner.
Schon heute ist VoiceStream der am schnellsten wachsende Mobilfunkanbieter in den USA. Innerhalb eines Jahres dürfte sich die Zahl der Kunden auf vier Millionen verdoppelt haben. Im Jahr 2010 sollen es bereits 25 bis 30 Millionen sein.
Besondere Chancen sieht die Deutsche Telekom nach dem Start der Vermarktung von UMTS, der dritten Mobilfunk-Generation. Ricke geht davon aus, dass UMTS 2002, spätestens 2003 in Deutschland eingeführt wird. In den USA dürfte dies frühestens 2004 der Fall sein.