06.11.2000

IMPULS

Bildquelle: APA

"Markenschutz im Web gehört beschränkt"

Der neue Europa-Direktor des internationalen Internet-Kontrollorgans ICANN, Andy Müller-Maguhn, will mit der Einführung neuer Endungen bei Internet-Adressen den Markenschutz im Netz beschränken und durch andere Verfahren ergänzen.

Sein Ziel sei es, mit der Einführung neuer Top Level Domains [TLDs] - zu denen bisher .at oder .com gehören - auch neue Ordnungsregeln zuzulassen, sagte Müller-Maguhn.

"Damit wären in der Tat auch die Markenrechtskonflikte lösbar, wenn es eben bestimmte Namensräume gibt, in denen Markenrecht schlicht nicht gilt, und es alternative Verfahrensweisen gibt."

Balance zwischen Kommerz und Nicht-Kommerz

Die von ICANN für Mitte November geplante Vergabe neuer TLDs könnte damit zur Grundsatzdiskussion über Regeln im World Wide Web werden.

"Juristerei begeht Diebstahl am öffentlichen Raum"

Zu den kommerziellen Adressendungen könnte etwa .shop zählen, zu den nicht kommerziellen zum Beispiel .africa. Wichtig sei dabei, dass E-Business und freie Netzkulturangebote innerhalb ihrer TLDs nach eigenen Regeln verfahren könnten.

Schon in der kurz nach seiner Wahl im vergangenen Monat veröffentlichten "Regierungserklärung" hatte Müller-Maguhn mit seinem klaren Eintreten für ein möglichst wenig reglementiertes Internet für Aufsehen gesorgt.

Die Anwendung juristischer Regeln auf das Internet sei ein Verbrechen, schrieb er. "Was die Juristen 'geistiges Eigentum' nennen, ist - das weiß jeder Lateiner - nichts weiter als ein Diebstahl am öffentlichen Raum."

Müller-Maguhns vehemente Ablehnung

des allgemeinen Markenrechts im Netz könnte dem Namensschutz jedoch gerade helfen. Denn durch die Akzeptanz unterschiedlicher Gesetzesräume könnten Konflikte über die Namensvergabe vermieden werden.

So könnte in einer TLD wie etwa .shop bei der Zuteilung von Adressen mit dieser Endung streng nach Markenrecht verfahren werden. Dagegen könnten innerhalb anderer TLDs Bewerber zum Zuge kommen, die unter einem Markennamen etwa Kritik an dem entsprechenden Konzern öffentlich machen wollen.

Langwierige Rechtsstreitigkeiten, die von der "World Intellectual Property Organization" in Genf als potenzielle Schiedsgerichtsstelle entschieden werden müssen, würden so überflüssig.

"Mehr Top Level Domains sind eine große Chance"

"Mehr TLDs sind insofern - bei Beachtung gewisser Spielregeln - eine große Chance, nicht nur kulturelle Vielfalt abzubilden, sondern auch die bestehenden Konflikte durch die künstliche Einengung des Namensraumes zu entschärfen", betonte Müller-Maguhn.