Aufregung um Billigtarif der Telekom Austria
Die Aufregung um den so genannten "Wintertarif" der Telekom Austria hat sich heute zugespitzt.
Die Telekom Austria wirbt derzeit mit einem Tarif, mit dem zwischen 1. Dezember 2000 und 28. Februar 2001 von 20.00 bis 6.00 Uhr früh TA-Kunden um maximal acht Groschen pro Minute [im Minimumtarif] telefonieren können.
Billigtarif kommt teurer
Der VKI [Verein für Konsumenteninformation] hat heute Kritik an
diesem Tarif geübt, da er "nicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse
der Konsumenten abgestimmt ist und für Verwirrung sorgt".
Vier Impulse pro Stunde
In der Praxis wird nämlich der Impuls, also die Markierung für die nächste Gebühreneinheit, einfach auf 15 Minuten ausgedehnt. Die Angabe "maximal acht Groschen pro Minute" betreffe also nur den günstigsten Fall, in dem die Telefonverbindung exakt 15 Minuten aufrecht bleibt. "Derartig punktgenau zu telefonieren ist jedoch kaum möglich", kritisiert der VKI. "Jene, die wesentlich kürzer oder etwas länger als diese Viertelstunde telefonieren, profitieren nicht wie versprochen."
"Beispielsweise kostet ein 16-Minuten-Telefonat 40 Groschen pro Minute, da dann bereits der nächste Impuls anfällt. Die Telekom Austria kann von ihren Kunden doch nicht allen Ernstes verlangen, ihre Telefonate mit einer Stoppuhr zu führen, um den neuen Tarif zu nutzen", ärgert sich Paul Srna, Projektleiter beim VKI, über "diesen Marketing-Schmäh".
"Alles in Ordnung"
Die Telekom Austria entgegnet und hält vor, dass man höchstens
auf 14 Groschen pro Minute komme. Außerdem würde die Hälfte aller
Gespräche am Abend im eigenen Vorwahlbereich geführt.
European Telecom will klagen
Dem alternativen Telefoniebetreiber European Telecom ist das nicht genug. Er will die TA klagen. Die Österreich-Tochter der spanischen Telefonica hat einen Antrag auf Untersagung des "Wintertarifs" bei der Telekom Control gestellt.
Da der Regulator aber in letzter Zeit "durch völlige Untätigkeit" aufgefallen sei, wolle die European Telecom zudem eine Klage vor dem Kartell- und Handelsgericht wegen Verstoßes gegen das Kartellgesetz einbringen, hieß es heute in einer Aussendung. Außerdem werde in Betracht gezogen, die EU-Kommission einzuschalten, da der Tarif alle Betreiber betreffe.
"Mitbewerber aus dem Markt gedrängt"
Die als kurzfristige Maßnahme getarnten Niedrigpreise des
"Wintertarifs" würden dazu dienen, Mitbewerber aus dem Markt zu
drängen, zumal der "Wintertarif" so niedrig angesetzt sei, dass
alternative Anbieter selbst bei idealer Netzgestaltung zu keinem
Zeitpunkt in der Lage seien, mit den direkten Kosten die Tarife des
Ex-Monopolisten zu unterbieten.
Interconnection kostet mehr als "Wintertarif"
Alleine die Interconnection-Gebühren, die alternative Anbieter an die TA bezahlen müssen, belaufen sich auf mindestens 14 Groschen pro Minute exklusive Umsatzsteuer, so die European Telecom.
Die TA sehe der geplanten Klage der European Telecom gegen den "Wintertarif" jedoch gelassen entgegen, meint TA-Sprecher Martin Bredl. Die TA habe laut Tarifverordnung die Möglichkeit, zeitlich beschränkte Werbemaßnahmen wie beispielsweise den "Wintertarif" durchzuführen.
"Wintertarif war erst der Anfang"
"Auf solche Maßnahmen werden sich die Mitbewerber einstellen müssen, wir werden künftig noch viel aggressiver Preisvorteile weitergeben", betont Bredl. Die TA sehe im Tarif keine Diskriminierung des Mitbewerbs, weil er zeitlich begrenzt sei.