Bush gegen Microsoft-Zerschlagung
Das Jahr 2000 war ein "annus horribilis" für Microsoft: Es war das wohl schlechteste Geschäftsjahr in der 25-jährigen Geschichte des Konzerns und brachte eine bittere Niederlage in einem vom US-Justizministerium angestrengten Kartellprozess.
Im Februar findet eine Berufungsverhandlung statt, bei der Microsoft eine Zerschlagung des Konzerns in zwei Bereiche verhindern möchte. Die Mannen um Bill Gates hoffen dabei nicht nur auf gnädige Richter, sondern auch auf den neuen US-Präsidenten George W. Bush.
Bush hatte im Wahlkampf mehrfach Kritik an dem Kartellverfahren und dem Urteil gegen Microsoft geübt und unter anderem erklärt, er sei für "innovation, not litigation" ["Innovation, nicht Prozesse"].
Spekulationen über eine Schützenhilfe für Microsoft durch Bush haben durch einen Artikel in der gestrigen "New York Times" Auftrieb erhalten.
Bereits Mitte Dezember hatte Kevin Hassett, der frühere Chefberater des republikanischen Senators und Bush-Herausforderers John McCain, gegenüber der englischen Wochenzeitung "Sunday Business" erklärt, er gehe davon aus, dass Bush eine Zerschlagung von Microsoft verhindern werde.
Bush-Administration vor juristischem Balanceakt
Auch die Bestellung von Senator John Ashcroft zum neuen
Justizminister wird von Microsoft als positives Signal gewertet.
Ashcroft wird dem rechten Flügel der republikanischen Partei
zugerechnet. Er ist vehement gegen das Recht auf Abtreibung, während
er bei Minderheiten- und Bürgerrechten sowie der
Anti-Trust-Gesetzgebung wenig bis gar kein Engagement zeigt.
Allerdings ist auch der Einfluss von Bush und Ashcroft begrenzt, da
Microsoft bereits wegen Verstoßes gegen das Kartellgesetz verurteilt
worden ist. Nach Ansicht von Rechtsexperten könnte Bush zwar für
eine mildere Strafe sorgen, ungeschoren dürfte der Konzern jedoch
nicht davonkommen. Hinzu kommt, dass sich 19 US-Bundesstaaten dem
Verfahren gegen Microsoft angeschlossen haben. Bei einer Einstellung
des Verfahrens müssten diese zustimmen, was sehr unwahrscheinlich
ist.
Bush & Cheney-Homepage
Microsoft finanziert die Republikaner
Microsoft hat sich in den letzten Jahren zu einem großzügigen Unterstützer der politischen Parteien in den USA entwickelt. Dabei stehen die Republikaner deutlich stärker in der Gunst von Microsoft und seinen Angestellten als die Demokraten.
1999 spendete Microsoft 727.850 Dollar für die Kampagnen der Parteien. 53 Prozent davon landeten in den Töpfen der Republikaner, die restlichen 47 Prozent sackten die Demokraten ein. Deutlicher zeigte sich die Präferenz des Unternehmens in der Verteilung von 1998, als die Republikaner mit 629.816 Dollar [81%] und die Demokraten mit 145.000 Dollar [19%] bedient wurden
Auch im Wahlkampf 2000 hat George W. Bush deutlich mehr Spenden aus Redmond erhalten als sein Gegenspieler Al Gore.
Eine zusätzliche politische Dimension war zuletzt auch durch David Boies ["Napster"] entstanden, der sowohl die Anklage im Microsoft-Prozess als auch die Demokraten in Florida vertreten hat, wo er vor Gerichten eine manuelle Nachzählung des Wahlergebnisses durchsetzen wollte.
Vorbild IBM-Kartellverfahren
In den USA entschied schon ein Mal ein Regierungswechsel über den
Ausgang eines Kartellverfahrens: 1982 schlug die neue Regierung
unter Ronald Reagan das seit 1969 gegen IBM anhängige Verfahren
nieder. Microsoft und "seine" Lobbygruppen führen seit Monaten eine
konzentrierte Werbekampagne mit TV-Spots, Print-Anzeigen,
Unterschriftenlisten und Mailing-Aktionen durch. Wie viel Geld dafür
exakt ausgegeben wird, lässt sich durch die Aufteilung der Budgets
derzeit nicht genau feststellen. 1999 hat MS aber schon elf
Millionen Dollar für Lobbyarbeit ausgegeben - im abgelaufenen Jahr
dürfte die Summe noch höher ausfallen.
Das amerikanische "Center for Responsive Politics" informiert umfassend darüber,
wie sich die Parteien in den USA finanzieren."New Economy" mehrheitlich für Bush
Die amerikanische Zeitschrift "Business Week" berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe von einer Wähleranalyse, die das "Pew Research Center for The People & The Press" durchgeführt hat. Demnach kann bereits ein Drittel der US-Wählerschaft dem Bereich der "New Economy" zugerechnet werden.
Die wichtigste Erkenntnis, die das Pew Research Center aus den Wahlen 2000 gezogen hat: Während 1992 und 1996 eine überwältigende Mehrheit für das demokratische Ticket Clinton/Gore gestimmt hat, konnte sich dieses Mal in diesem Wählersegment knapp George W. Bush durchsetzen.
Vor allem in Colorado und im wahlentscheidenen Bundesstaat Florida haben die Stimmen aus der "New Economy" schließlich Bush zum Sieg verholfen.
Ein neuer Stern am Wählerhimmel
Bei den "New Economy"-Wählern handelt es sich um eine durchaus
heterogene Wählergruppe, die nicht nur eine berufliche Tätigkeit in
der IT-Industrie, sondern auch ein Set an gemeinsamen
Wertvorstellungen verbindet. Laut "Business Week" sind die "New
Economy"-Wähler: gegen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft, gegen
Bürokratie, für neue Technologien, für das Recht auf Abtreibung, für
den Umweltschutz und für Konsumentenrechte. Anders ausgedrückt: "New
Econ"-Wähler sind in wirtschaftlichen Fragen konservativ, während
sie bei gesellschaftlichen Themen liberale Positionen vertreten.
Pew Research Center for The People & The Press