Neue Abhörverordnung für Österreich
Seit wenigen Tagen ist der Entwurf einer Verordnung "über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs" in Umlauf.
Er stammt aus dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und bezieht sich auf die elektronische Überwachung des gesamten Telefonverkehrs von ISDN bis GSM.
Ganz offensichtlich geht man im Ministerium davon aus, dass der Entwurf im Eilverfahren durchgebracht wird, da die Telekombetreiber aufgefordert werden, die technischen Voraussetzungen "spätestens bis zum 1. Juni 2001 zu erfüllen".
Schnittstellen in alle Netze
Die kurz "Überwachungsverordnung" [ÜVO] genannte geplante
Verordnung verpflichtet alle Betreiber, ihre Netze mit
Schnittstellen auszurüsten, an denen die Polizei mit Standleitungen
permanent angebunden ist.
Zugriff auf alle Daten in Echtzeit
Für den Fall einer durch richterliche Anordnung oder "Gefahr in Verzug" ausgelösten Telefonüberwachung soll das der Polizei den Zugriff auf Vermittlungsdaten [wer mit wem wie oft von wo telefoniert] und auf die Gesprächsinhalte ermöglichen.
Kern des Vorhabens ist die seit 1993 immer neu geäußerte Forderung der "gesetzlich ermächtigten Behörden" [Eigendefinition] nach Zugriff auf Telekommunikationsdaten in Echtzeit.
Dies wird durch direkte Ankoppelung an die Telefonnetze über eine normierte Schnittstelle [ETSI ES 201.671] möglich, die im European Telecom Standards Institute [ETSI] entwickelt wurde.
Seit dem Frühjahr 2000 berichtet die FutureZone exklusiv über die Vorgänge in der Arbeitsgruppe "SEC LI - Lawful Interception" des ETSI. Dort haben neben Vertretern der Telekom-Industrie und Polizeitechnikern Angehörige britischer, deutscher und holländischer Geheimdienste die Führungsrolle bei der Entwicklung von ES 201.671 und anderen Überwachungsstandards inne.
Neue Überwachungsstandards für Europa"Arbeitsgruppe polizeiliche Zusammenarbeit"
Die Überwachungsverordnung geht direkt auf die unter dem Codenamen ENFOPOL 1998 bekannt gewordenen Überwachungspläne der EU-Arbeitsgruppe polizeiliche Zusammenarbeit [Police Coordination Working Group] zurück.
Das Wirken dieser ebenso von Geheimdiensten infiltrierten Arbeitsgruppe ist in der Berichterstattung der FutureZone seit Frühjahr 1999 dokumentiert.