Napster-Urteil: Gratismusik vor dem Ende
Ein US-Berufungsgericht in San Francisco hat entschieden, dass die Musiktauschbörse Napster keine durch Urheberrecht geschützte Musik mehr gratis im Internet vermitteln darf. Diese Praxis müsse Napster unverzüglich abstellen.
Im Gegensatz zur Entscheidung der Erstinstanz durch Richterin Patel wurde die damals angeordnete sofortige Schließung der Website hingegen fallen gelassen. Künftig soll vielmehr durch geeignete Einschränkungen das kostenlose Herunterladen von urheberrechtlich geschützter Musik unterbunden werden.
Die Richter bestätigten damit in Grundzügen die einstweilige Verfügung eines anderen Gerichts.
Auf der Website
des neunten US-Berufungsgerichts wird in Kürze der Volltext des
58-seitigen Urteils veröffentlicht.
Neue Gnadenfrist: Vorinstanz muss Urteil modifizieren
Die umstrittene Online-Musiktauschbörse Napster muss auch nach dem jüngsten Gerichtsurteil damit rechnen, für Urheberrechtsverletzungen voll zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Mit der Verfügung auf Schließung sei die Vorinstanz allerdings zu weit gegangen und müsse sie jetzt modifizieren, erklärten die drei Richter des Berufungsgerichts. Napster wird dem mit Spannung erwarteten Urteil zufolge also nicht sofort der Tausch von urheberrechtlich geschützten Titeln untersagt.
Der Verband der US-Musikindustrie wertete das Urteil dennoch als "klaren Sieg". Das Gericht habe dem Antrag der Industrie in allen Punkten Recht gegeben.
Die Unternehmen Sony, Warner, BMG, EMI und Universal
hatten im Dezember 1999 die Klage gegen Napster eingebracht und
wegen der Tätigkeit der Musikbörse Verluste von rund 300 Millionen
Dollar [322 Mio. Euro/4,43 Mrd. S] geltend gemacht. Napster und BMG,
die Bertelsmann Music Group, schlossen erst im Vorjahr eine Allianz.
Jeff Riffer: Angebot von Napster wird dramatisch beschnitten
Der neue Gerichtsbescheid entziehe der Gratis-Tauschbörse die Geschäftsgrundlage, erklärte der Anwalt Jeff Riffer in Los Angeles.
Alle Titel, die von großen Labels verbreitet würden, stünden unter Copyright. Das verringere drastisch das Angebot, das Napster seinen Kunden machen könne.
Dass sich der Charakter der Musiktauschbörse bald grundlegend ändern wird, ist allerdings schon länger klar: Gemeinsam mit Bertelsmann soll Napster in ein kostenpflichtiges Mitgliederservice umgewandelt werden.
Der deutsche Medienkonzern Bertelsmann
kann dem Berufungsurteil im Napster-Verfahren für beide Seiten
etwas Positives abgewinnen. Der Gerichtsbeschluss sei "ein Schritt
auf dem Weg hin zur Berücksichtigung sowohl der legitimen Rechte von
Copyright-Inhabern als auch der wichtigen Interessen von
Napster-Nutzern", erklärte der Chef von Bertelsmann-eCommerce,
Andreas Schmidt, in New York.
Müller-Maguhn: Musiktausch im Netz kann nicht unterbunden werden
Der Musiktausch im Internet wird nach Ansicht des Computer-Experten Andy Müller-Maguhn auch künftig florieren - unabhängig von der Gerichtsentscheidung zu der umstrittenen Online-Tauschbörse Napster.
"Das Zeitalter ist vorbei, in dem Bits kontrollierbar waren", sagte Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club. "Das wird auch die Musikindustrie irgendwann merken müssen."
Die Recording Industry Association of America [RIAA] gibt den Kampf nicht auf: Sie hat nun den früheren republikanischen Präsidentschaftskandidaten Bob Dole auf der Gehaltsliste, der dafür in Washington lobbyieren wird.
Ausreichend Alternativen vorhanden
Auch wenn Napster jemals schließen muss, gibt es ausreichend
Alternativen, wie der folgenden FuZo-Aufstellung zu entnehmen ist.