Napster ist tot, es lebe Napster
Für ein geteiltes Echo sorgt die Entscheidung des Berufungsgerichts in San Francisco gegen Napster.
Bertelsmann sieht sich in seiner Strategie bestätigt, Konkurrent Sony frohlockt über einen Sieg gegen die Musikpiraterie, und die kommerziellen Napster-Alternativen erfuhren einen Kursrausch an den Börsen - nur die Nutzer haben sich offensichtlich schon längst nach Alternativen umgesehen und bleiben deshalb weitgehend gelassen.
Das Neunte Berufungsgericht in San Francisco hat entschieden, dass der Internet-Tauschring den Austausch von urheberrechtlich geschütztem Material einstellen muss.
Napster-Urteil: Gratismusik vor dem EndeWin Win gegen Lose Lose
Der Napster-Partner Bertelsmann kommentierte das Urteil heute Vormittag optimistisch:
"Die heutige Gerichtsentscheidung ist ein wichtiger Schritt nach vorne. Sie hilft die berechtigten Ansprüche von Copyright-Inhabern und die wichtigen Interessen der Napster-Nutzer auf eine gemeinsame Basis zu bringen."
"Bertelsmann verfolgt entschlossen seine Win-Win- Strategie: Auf der einen Seite muss sichergestellt werden, dass die Künstler, Rechteinhaber und die Musikindustrie bezahlt werden, auf der anderen Seite muss Napster in die Lage versetzt werden, Millionen von Musikliebhabern ein erstklassigesn File-Sharing-Service anzubieten."
Skeptiker sehen allerdings eher eine Lose-Lose-Situation: Napster dürfte in Zukunft einen Großteil seiner User verlieren, und die Musikindustrie dürfte trotzdem keinen Schritt in Richtung der Kontrolle der Verbreitung von Musik im Netz weitergekommen sein.
Falls Napster kostenpflichtig wird, hat die Netzgemeinde dennoch genug Tools zur Umgehung dieser Entscheidung parat. Die beste Alternative zu Napster ist demnach - Napster. Es existiert bereits ein Netzwerk von freien Servern, die nicht unter Napster-Kontrolle liegen und mit jedem Napster-Client angesteuert werden können.
Die Alternativen zu NapsterBörsenboom
Bertelsmanns Hauptkritiker unter den großen Musikkonzernen, Sony, interpretierte unterdessen das Urteil aus seiner Perspektive.
Das Urteil wurde begrüßt, da die Urheberrechte von Künstlern und Firmen gestärkt worden seien, sagte ein Sony-Sprecher heute Vormittag in Tokio.
Den einzigen objektiven Befund lieferte die New Yorker Börse, wo die kommerziellen Napster-Konkurrenten ordentliche Kursgewinne verzeichnen konnten.
MP3.com legte um acht Prozent auf rund 4,6 USD zu, EMusic gewann sogar 69 Prozent, und RealNetworks konnte um zehn Prozent auf 9,1 USD zulegen.
Chronik
Mai 1999: Shawn Fanning und Sean Parker gründen Napster. Die
offene Musiktauschbörse erfreut sich rasch steigender Beliebtheit.
7. Dezember 1999: Die US-Plattenindustrie verklagt Napster vor einem
kalifornischen Bundesgericht wegen Copyrightverletzung. Wie es
weiterging:
Napster will in Berufung gehen
Napster will nach der Gerichtsniederlage Berufung einlegen. Das kündigte Napster-Staranwalt David Boies am Montagabend [Ortszeit] an.
Das Unternehmen fürchtet, dass es nach der Entscheidung des Bundesberufungsgerichts in San Francisco bereits vor einer endgültigen Klärung des Streits zur Schließung gezwungen werden könnte.