06.04.2001

DRESSUR

Bildquelle: orf on

Musikindustrie weiter im Internet-Dilemma

Nachdem die Musikindustrie in den letzten Jahren den Online-Vertrieb von Musik in erster Linie bekämpft hat, sieht es jetzt danach aus, als ob sie selbst ernsthaft die Initiative übernehmen will.

In dieser Woche kündigten die fünf großen Platten-Labels [Sony, Vivendi Universal, BMG, Time Warner und EMI] neue Online-Vertriebsmodelle an, die in verschiedenen Kooperationen mit RealNetworks, MTV, Yahoo und Microsoft realisiert werden sollen.

In der Flut der Ankündigungen neuer Services und Allianzen wurde allerdings der entscheidende Faktor fast durchgehend ausgeklammert: Wie Nutzer, die bisher nicht nur umsonst, sondern auch äußerst bequem fast unbegrenzten Online-Zugriff auf Musik haben, dazu gebracht werden sollen, die neuen Modelle zu akzeptieren.

Ein Schritt vorwärts, zwei zurück

Das Dilemma der Musikindustrie im Netz besteht vor allem darin, dass alle derzeit diskutierten Bezahlmodelle Einschränkungen im Bedienungskomfort und des Angebotes bedeuten:

Niedrigschwelliger und einfacher als Napster oder Gnutella können die Angebote der Industrie nicht werden, da sie durchweg auf Kontrolle der Downloads aufbauen. Diese Kontrolle geht aber zwangsläufig mit Einschränkungen für die Nutzer einher.

Das gilt für beide grundsätzlichen Bezahlmodelle, die in Erwägung gezogen werden [Abonnements oder das einzelne Bezahlen von Downloads].

Bisher wurde auf jeden Fall in den Testläufen der Industrie [mit begrenzter Anzahl von Musiktiteln] keine der beiden Varianten von einer größeren Anzahl von Nutzern akzeptiert.

Formate

Neben den Einschränkungen durch die Download-Kontrolle hat die Musikindustrie allerdings noch ein weiteres gravierendes Problem: MP3, das praktisch als Standard für Musik im Netz anzusehen ist, erlaubt keinen Kopierschutz, auf den die großen Plattenfirmen aber nicht verzichten möchten.

Daher müssen sie die Nutzer nicht nur davon überzeugen, auf den gewohnten Bedienungskomfort und die derzeitige Auswahl an Stücken freiwillig zu verzichten, sondern auch zu unbeliebten Speicherformaten zu wechseln.