07.04.2001

WER MIT WEM

Bildquelle: photo disc

Die neuen Allianzen im Online-Musikbiz

Nachdem die Musikindustrie jahrelang starr vor Schreck auf das Phänomen der MP3-Tauschbörsen im Internet geblickt hat, scheint sie nun wild entschlossen, den sich abzeichnenden Milliarden-schweren Online-Musikmarkt zu erschließen.

Den Beginn hatte im Oktober 2000 Bertelsmann mit dem Einstieg bei Napster gemacht. Sony und Vivendi folgten mit "Duet".

Nun geht es Schlag auf Schlag: Diese Woche wurde gleich eine ganze Reihe von neuen Allianzen und Initiativen zum Online-Vertrieb von Musik bekannt gegeben.

Nachfolgend eine chronologische Auflistung einer der turbulentesten Wochen im Online-Musikbereich seit es Napster gibt:

Analysten sind skeptisch

Skeptisch äußerten sich Analysten zu den neuen Allianzen im Online-Musikgeschäft. Der Jupiter MMXI-Analyst Mark Mulligan etwa sieht viel PR in den Ankündigungen der Musikindustrie: "Man will zeigen: 'Napster hat in der letzten Zeit im Rampenlicht gestanden, aber jetzt gibt es einige wirkliche positive Initiativen der Musikindustrie'."

Duet habe deutlich weniger an Strukturen bekannt gegeben als MusicNet: "Das war viel mehr PR als eine greifbare digitale Lösung."

Der Präsident der US-Website Listen.com fügt hinzu: "Es gibt einen großen Unterschied zwischen Presseerklärungen und einem Massenmarkt." Man sei von der Marktreife weiter weg, als die Ankündigungen vermuten ließen.

Teuer und umständlich

In der Flut der Ankündigungen neuer Services und Allianzen wurde allerdings der entscheidende Faktor fast durchgehend ausgeklammert: Wie Nutzer, die bisher nicht nur umsonst, sondern auch äußerst bequem fast unbegrenzten Online-Zugriff auf Musik haben, dazu gebracht werden sollen, die neuen Modelle zu akzeptieren.

Das Dilemma der Musikindustrie im Netz besteht vor allem darin, dass alle derzeit diskutierten Bezahlmodelle [Abonnements oder das einzelne Bezahlen von Downloads] Einschränkungen im Bedienungskomfort und des Angebotes bedeuten: Niedrigschwelliger und einfacher als Napster oder Gnutella können die Angebote der Industrie nicht werden, da sie durchweg auf Kontrolle der Downloads aufbauen.

Diese Kontrolle geht aber zwangsläufig mit Einschränkungen für die Nutzer einher.

User lehnen Preisvorstellungen der Musikmultis ab

Hinzu kommen die Preisvorstellungen der Musikmultis, die der Realtität im Netz kaum Rechnung tragen. Bei dem MTVi-Service etwa soll das Herunterladen eines Songs zwischen 99 Cents [1,1 Euro/15,1 ATS] und 1,99 Dollar kosten, für komplette Alben werden User zwischen 10,98 und 18,98 Dollar berappen müssen. Entsprechend negativ fielen die Reaktionen von Usern im FuZo-Forum aus, von denen im folgenden zwei zitiert seien:

"ich schätze ich werd ned der einzige sein, dem bei den preisvorstellungen ein kurzer lacher entkommen is ... 11-19 dollar für ein album??? dafür, daß ich es eine stunde runterladen darf, keine covers & inlays hab, den rohling & brenner selber zahl? da krieg ich das originalalbum im geschäft ja schon günstiger. bei SOLCHEN alternativ-konzepten wundert es nicht, wenn die gratistauschbörsen weiter boomen."