Microsoft droht neue Monopolklage
Ein Industriebündnis versucht US-Staatsanwälte für ein weiteres Anti-Trust-Verfahren gegen Microsoft erwärmen. Auslöser ist die geplante Integration von Messaging- und Media-Funktionen in Windows XP.
Das Bündnis namens ProComp ["The Project to Promote Competition & Innovation in the Digital Age"] sieht darin einen ähnlichen Tatbestand wie beim ersten Prozess, den Microsoft wegen der Bündelung von Internet Explorer und Windows-Betriebssystemen in erster Instanz verloren hat.
ProComp wird unter anderem von den Microsoft-Erzrivalen Sun und Oracle unterstützt und hat sein Anliegen beim jährlichen Treffen der US-Staatsanwälte in Vermont vorgebracht.
Windows Messenger und Media Player im Visier
Im Einzelnen geht es ProComp um die Integration von zwei
Anwendungen: Den Windows Messenger, eine Art Kombination von Instant
Messenger und NeetMeeting mit Chat-, Video- und Audio-Funktionen,
und den Media Player. Bei letzterem fürchtet das Bündnis, dass
Microsoft durch die Dominanz bei Betriebssystemen etwa sein
WMA-Format für Audio-Dateien durchsetzen könnte. Gleiches gelte für
die Instant Messaging-Funktion im Windows Messenger. Allerdings muss
sich AOL - mit dem AOL Instant Messenger [AIM] Marktführer - derzeit
ebenfalls gegen Monopolvorwürfe wehren. Diese Vorwürfe wiederum
stammen von einer Gruppe rund um Microsoft.
Das "Wohl des Benutzers" im Auge
Microsoft reagiert in gewohnter Weise auf die Vorwürfe von ProComp: Die neuen Features in Windows XP dienten einzig dem Wohl des Benutzers und seien nur konsequente Weiterentwicklungen.
Microsoft-Sprecher Jim Cullinan empfiehlt der Konkurrenz, Zeit und Energie in eigene Entwicklung zu investieren anstatt sie mit dem Versuch zu vergeuden, Staatsanwälte zu bedrängen.
Aus den Reihen der Staatsanwälte gab es keine Stellungnahme. ProComp-Präsident Mike Pettit will aber am heutigen Donnerstag erneut zu der Versammlung nach Vermont reisen und den Staatsanwälten bei Bedarf Rede und Antwort stehen.
"Alarmzustand" im Microsoft-ProzessMicrosoft-Rückzieher bei "Smart Tags"
Microsoft wird in Europa die umstrittenen "Smart Tags" nicht in das neue Betriebssystem Windows XP einbauen. Das sickerte am Donnerstag in Deutschland aus Unternehmenskreisen durch.
Mit der "Smart Tag"-Technologie könnte Microsoft den Zugriff der Kunden auf bestimmte Web-Angebote und Dienstleistungen im Internet steuern und eigene Angebote wie den Onlinedienst MSN bevorzugen.
Alle Wege führen nach ... Redmond
Mit einem "Smart Tag" kann Microsoft zu Webseiten zusätzliche Informationen oder Dienstleistungen anbieten, wenn der "Internet Explorer 6" bestimmte Schlüsselbegriffe erkennt. So könnte beim Auftauchen des Namens Albert Einstein ein Verweis auf einen Artikel im Online-Lexikon Microsoft Encarta über den Nobelpreisträger erfolgen. Denkbar wäre auch, dass ein Städtename im Text einer Web-Site automatisch zu einem Reiseangebot des Microsoft-Dienstes Expedia verbunden wird. Die "Smart Tags" sind in der Sprache XML [eXtensible Markup Language], geschrieben, die sich zur "Lingua franca" des Internet entwickeln soll.
Heftige Kritik an "Smart Tags"
Kritiker bemängelten, dass der Softwarekonzern auf diesem Weg versuche, seine Vormachtstellung bei den Betriebssystemen erneut mit unlauteren Mitteln auf das Internet auszuweiten.
"Stellen Sie sich vor: Sie geben Millionen Dollar für die Gestaltung einer Web-Site aus und Microsoft verfügt über einen Smart Tag, der die Nutzer einfach auf eine der eigenen [Microsoft]-Sites umleitet", sagte
Experte Michael Silver vom Marktforschungsinstitut Gartner dem Onlinedienst News.com.
Sprecher von Microsoft entgegneten, jeder könne künftig die "Smart Tag"-Technologie anwenden.
In den USA bleiben "Smart Tags" aktiviert
Microsoft wird dem Vernehmen nach die "Smart Tags" nur in der
US-Version von Windows XP aktivieren. Außerhalb der USA soll die
Technologie vorerst nicht zum Einsatz kommen. Bei der Entscheidung
hätten aber nicht die Bedenken von Datenschützern oder
Kartellwächtern eine Rolle gespielt, sondern die hohen
redaktionellen Aufwendungen für die Pflege der interaktiven Verweise
außerhalb der USA.
Konkurrenz ist sauer auf Microsoft