Überwachungsunion Europa 2001
Während die Veröffentlichung der endgültigen Version des umstrittenen Abkommens zur Bekämpfung von "Cybercrime" für diesen Freitag beim Europarat erwartet wird, gibt es auf EU-Ebene einen parallelen, ebenso umstrittenen Vorstoß in Richtung Kommunikationsüberwachung.
Am Wochenende wurde ein internes Papier der EU-Arbeitsgruppe Polizeiliche Zusammenarbeit [PCWG] mit der Dokumentennummer ENFOPOL 55, ECO 143 bekannt. Datiert ist es mit 20. Juni 2001.
Es handelt sich dabei um die Neuauflage der ENFOPOL-Überwachungspläne aus den Jahren 1998 und 1999 zur Überwachung aller digitalen Netzwerke.
Pläne bereits ein Mal gescheitert
Nach deren Verabschiedung durch das Europaparlament - gerade ein
Viertel der Parlamentarier war dabei anwesend - fanden die Pläne im
Juni 1999 auf Grund massiver Proteste von Datenschützern und
IT-Industrie allerdings keine Mehrheit im EU-Ministerrat.
Zwar moderat im Ton
Die vorliegende Fassung ENFOPOL 55 - ebenso wie ENFOPOL 98 bereits in die Form eines EU-Ratsbeschlusses gegossen - ist wesentlich moderater im Ton gehalten als die Vorgängerpapiere.
In der Sache selbst hat sich freilich absolut nichts verändert. "Alle Arten von Telekommunikation" müssten den Behörden zur Überwachung offen stehen, laut Definition fällt darunter auch das Internet.
Explizit einbezogen sind auch Dienste, die es teils erst in Ansätzen, teils noch gar nicht in der Praxis gibt wie xDSL, GPRS und UMTS.
Überwachung von xDSL, GPRS, UMTS
Man wolle seitens der Behörden der Telekom-Industrie weniger
gesetzliche Vorschriften auferlegen, heißt es, als vielmehr mit ihr
"kooperieren" und eine "Diskussionsplattform bilden", wie
Überwachungsmaßnahmen gesetzt werden sollten.
Überwachung "in Echtzeit rund um die Uhr"
Die allgemeine Formulierung Übermittlung von "Ortsinformation" wurde ersetzt durch "die genauestmöglichen geografischen Informationen, die dem Netzwerk über einen Mobil-Teilnehmer bekannt sind".
GSM-Betreiber, die Ortsinformationen innerhalb ihres Netzes nur zum Verbindungsaufbau erheben, sie aber [etwa wegen Pauschaltarifen im Netz] nicht dauerhaft speichern, würden somit erstmals gezwungen, diese minutiös zu speichern und aufzubewahren.
Der Zugang zu allen überwachten Kommunikationsprozessen wird unverändert "in Echtzeit und rund um die Uhr" gefordert.
Ungeklärte Kostenfrage
Von einem möglichen Ersatz für die anfallenden Kosten ist
nirgendwo in ENFOPOL 55 die Rede, die ungeklärte Kostenfrage war der
hauptsächliche Grund für den erbitterten Widerstand der Industrie.