Künstliche Intelligenz in Film und Wirklichkeit
An diesem Wochenende hatte ein Film seinen US-Start, von dem vielfach erwartet wird, dass er die Diskussion um intelligente Maschinen und unser "Verhältnis" zu ihnen in ähnlicher Weise beeinflussen wird wie Stanley Kubricks "2001: A Space Odyssey" aus dem Jahr 1968.
Steven Spielbergs "A.I.- Artificial Intelligence" basiert auf einem Konzept von Kubrick und erzählt die Geschichte eines "Roboterbuben", der programmiert wurde, Liebe zu empfinden, und daher als Gegenentwurf zum bösen Menschenkiller "HAL" aus "A Space Odyssey" gesehen werden kann.
Zwar wird der Film von vielen AI-Forschern eher als "Pinocchio meets Robotics" belächelt, aber selbst seriöse Wissenschaftler hoffen auf neues Interesse für ihre Disziplin[en] - nicht zuletzt von Seiten potenzieller Kapitalgeber.

Wettrennen
Obwohl "intelligente" Software schon seit mehr als zehn Jahren auf den verschiedensten Gebieten im Einsatz ist und somit das AI-Zeitalter eigentlich schon begonnen hat, wird auch von den Protagonisten der Szene vor allem immer wieder öffentlichkeitswirksam darüber spekuliert, wann die Maschinen den Menschen überlegen sein werden.
Ray Kurzweil, ein Pionier der AI-Szene, geht davon aus, dass in 50 Jahren ein Rechner mit den Fähigkeiten unseres Gehirns für 1.000 USD zu haben sein wird. Damit der Mensch dabei nicht zum dummen Anhängsel der Maschinen wird, muss er sich zum Cyborg entwickeln.
In seinem auch auf Deutsch erschienen Werk "Homo sapiens - Leben im 21. Jahrhundert" entwirft Kurzweil dafür die Vision einer Verschmelzung von Mensch und Maschine: Winzige Nanoroboter stellen an Ort und Stelle Kontakt mit unserem Gehirn her und verschmelzen unsere Sinne drahtlos mit der Computerwelt. So ließe sich die Denkleistung des Gehirns in "kaum vorstellbare Dimensionen" steigern.

Selbstversuche
Während allerdings Kurzweil Probleme und Konflikte zwischen Menschen, intelligenten Maschinen und Cyborgs fiedlich mit einer Art Verfassung regeln will, sieht der erste "echte Cyborg", der englische Professor Kevin Warwick, einen Kampf zwischen Mensch und Maschinen um gegenseitige Beherrschung heraufziehen.
Warwick ist spätestens seit seinem ersten Chip-Implantat-Experiment heftig umstritten. 1999 ließ er sich einen Chip in den Arm einpflanzen, der dem Zentralrechner seines Institutes an der Reading University seinen Aufenthaltsort mitteilte. In seinem nächsten Experiment will Warwick jetzt die Bewegung eines Arms von einem Chip beeinflussen lassen.
Der Professor prophezeit in "20 bis 30 Jahren" Maschinen, die intelligenter als ihre menschlichen Erbauer sein werden und die dann auch sofort versuchen werden, die Menschen "zu beherrschen".

Pragmatiker
In den "Visonen" und Prophezeiungen der Stars der AI-Szene fehlt allerdings auffallend oft eine direkte Entwicklung der Zukunftsszenarien aus existierenden und deshalb meist unspektakulären AI-Anwendungen.
Für Kurzweil ist diese Lücke zwischen angewandter Forschung und Zukunftsvisionen sogar Programm: "Sobald eine Technologie wirklich funktioniert, kann sie nicht mehr als AI bezeichnet werden."
Dieser Science-Fiction-Definition von AI stehen aber eine Reihe von AI-Pragmatikern gegenüber, die vor allem an Anwendungen interessiert sind.
So weist Jordan B. Pollack, der im letzten Jahr eine Software vorstellte, die auf Basis der natürlichen Selektion selbsttätig Roboter designt und baut, auf zahlreiche AI-Anwendungen hin, die uns täglich umgeben:
Unter anderem in Übersetzungs-, Aktienhandels-, Geldflusskontroll-, Aibo- und Rakensteuersoftware stecken schon seit geraumer Zeit AI-Konzepte.

Geldkontrolle
Pollack weist darauf hin, dass die unauffällige AI-Software vor allem in der Finanzwelt schon jetzt großen Einfluss hat und täglich Milliardenflüsse kontrolliert.
Als Pragmatiker, der mit seinem Unternehmen Thinmail AI in marktreife Produkte umsetzen will, hofft Polack denn auch eher auf das Interesse der Kapitalmärkte als auf das der breiten Öffentlichkeit durch den neuen Spielberg-Film.
