Was Galileo von GPS unterscheidet

eu-projekt
28.12.2005

Mit einem eigenen Satellitenavigationssystem stellen die Europäer ihre Unabhängigkeit von den USA sicher. Galileo wird nicht nur genauer, sondern vor allem zuverlässiger als das ältere US-System sein. Der erste Testsatellit ist heute gestartet.

Europa errichtet mit "Galileo" sein eigenes Satellitenavigationssystem und macht damit dem bisherig einzigen Global Positioning System [GPS] der USA Konkurrenz.

Der gravierendste Unterschied für den Endanwender wird dabei die erhöhte Genauigkeit sein. Mit Galileo wird eine Positionsbestimmung auf den Meter, oft sogar auf den Zentimeter genau bestimmt werden können.

Die Hauptmotivation für Galileo ist jedoch eine politische, wie bei Airbus oder dem Ariane-Raketenprogramm soll das neue Satellitenavigationssystem die Unabhängigkeit von Europa sicherstellen.

Satellitennavigation bezeichnet das Verfahren zur Positionsbestimmung mit Hilfe von Satelliten, die Radiosignale ausstrahlen, aus denen ein Empfänger seine Position errechnen kann. Beispiele für solche Systeme sind das amerikanische GPS, das russische GLONASS und das zukünftige europäische System Galileo.

Erster Satellit im All

Bis 2010 soll ein Netzwerk von 30 Galileo-Satelliten im Orbit sein und private wie kommerzielle Nutzer am Boden und in der Luft mit genauen Zeit- und Ortsinformationen für eine punktgenaue Lokalisation versorgen.

"Galileo" kostet geschätzte 3,8 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen und ist somit das größte Weltraum-Projekt, das jemals in Europa in Angriff genommen wurde.

Der erste Satellit ist Testsatellit GIOVE-A wurde am Mittwoch mit einer russischen Sojus-Fregat-Rakete ins All geschossen, der nächste wird im April 2006 folgen.

Die Satelliten werden in drei verschiedenen Umlaufbahnen in 23.616 Kilometern Höhe die Erde umkreisen. Jeweils 27 - neun für jede Umlaufbahn - Satelliten werden im in Betrieb sein, die restlichen drei dienen als Reserve.

GPS in der Hand des Militärs

Doch was unterscheidet Galileo von der bereits bestehenden GPS-Navigation der Amerikaner? Zwar ist die GPS-Nutzung kostenlos, aber für Verfügbarkeit und Qualität gibt es keine Garantie von den US-Betreibern. Denn GPS wird militärisch kontrolliert und könnte daher etwa in Krisenfällen gestört oder sogar kurzfristig abgeschaltet werden.

Lebenswichtige Anwendungen wie das Landen von Flugzeugen oder die Kontrolle von Zügen können daher derzeit nicht auf Basis von GPS durchgeführt werden.

Galileo wird hingegen unter rein ziviler Führung eines privaten Konsortiums stehen. Neben dem so genannten Offenen Dienst, der wie auch GPS kostenlos empfangen werden kann, werden auch kostenpflichtige Dienste angeboten, wobei Genauigkeit und Verfügbarkeit des Systems dabei garantiert werden.

Kompatibilität

Die USA und Europa haben vereinbart ihre System untereinander vollständig kompatibel zu machen. Künftige Navigationsgeräte sollen dann Satelliten beider Seiten verwenden können.

Galileo auf wenige Zentimeter genau

Auch lässt die Genauigkeit von GPS aufgrund des Alters des Systems aus den 70er-Jahren oft noch zu Wünschen übrig. In dicht verbautem Gebiet ist eine Verbindung zu den Satelliten oft nur sehr schwer oder garnicht möglich, bei Erfolg erfolgt die Ortsbestimmung auf etwa zehn Meter genau.

Mit Galileo soll dies anders werden. Das europäische Navigationssystem wird mit einer Präzision von unter einem Meter bis wenigen Zentimetern die Position bestimmen können. Zudem wird auch die zuverlässige Lokalisation im städtischen Gebiet, innerhalb von Gebäuden und unter Bäumen möglich - Sichtkontakt zum Himmel ist nicht mehr nötig.

Auch eine eigene Zuverlässigkeitskomponente wird Galileo aufweisen. Das System wird in der Lage sein, dem Nutzer mitzuteilen, falls es Störungen oder Ausfälle gibt, welche das Service beeinträchtigen könnten.

Eine zentrale Komponente der Satellitennavigation ist außerdem die präzise Zeitmessung. GIOVE-A hat zu diesem Zweck zwei Rubidium-Atomuhren an Bord , die eine zehn Mal so genaue Zeitmessung wie bisher ermöglichen.

Standortbezogene Anwendungen

Die genaue Zeit spielt nicht nur bei der Navigation, sondern auch bei der Stromversorgung, der Funktionalität von Internet und E-Mail oder auch der Sicherheit von Finanztransaktionen eine entscheidende Rolle.

Mit der wachsenden Verbreitung von mobilen Sat-Navigationsgeräten, etwa integrierten Empfängern in Handys, kommen zahlreiche neue standortbezogene Anwendungen auf uns zu.

So wird etwa die Suche nach dem nächsten Kaffeehaus oder dem nächsten Bankomat möglich, oder Touristen könnten über ihr Handy zu Sehenswürdigkeiten in der Nähe geleitet werden. Die Möglichkeiten sind dabei schier endlos, zahlreiche Firmen sammeln bereits Ideen für diese künftigen Services.

Natürlich wird auch der Transportsektor stark profitieren. Flotten können so besser koordiniert werden und auch neue Anwendungen wie etwas das großflächige Vergebühren zurückgelegter Autobahn-Strecken werden möglich.

Österreicher an Bord

Am Aufbau der Galileo-Satellitenflotte sind auch österreichische High-Tech-Unternehmen wie etwa Austrian Aerospace [AAE] beteiligt. AAE baut für den zweiten Test-Satelliten eine Elektronik-Einheit für den so genannten Signalgenerator, gleichsam das Herzstück des Systems.

(Futurezone / BBC / APA)