2006, Jahr der Datenspeicherpflicht

EU-RICHTLINIE
01.01.2006

EU-weit müssen ab 2006 die nationalen Datenschutzgesetze der neuen EU-Richtlinie angepasst werden. Was Telekoms und Internet-Providern bis jetzt explizit verboten war, wird nunmehrfür sie Pflicht.

Die im Schnellverfahren durch das EU-Parlament geschleuste Richtlinie zur verpflichtenden Speicherung von Verkehrsdaten aus Telefonienetzen und dem Internet ["Data Retention"] wird 2006 EU-weit die nationalen Legislaturen beschäftigen.

Wie alle EU-Richtlinien muss auch diese innerhalb von 18 Monaten nach Veröffentlichung im "EU-Amtsblatt", dem offiziellen Journal, national umgesetzt werden.

In Österreich haben die Auseinandersetzungen darüber unmittelbar nach der Verabschiedung in Brüssel bereits begonnen, Innen- und Justizministerium meldeten sich zu Wort. Während die Beamten des Innenministeriums eine Speicherdauer von einem Jahr forderten, beharrte das Justizministerium auf dem Minimum von sechs Monaten.

Die Skepsis der Justiz

Dies gilt für personenbezogene Daten, die nach dem Wortlaut des derzeitigen österreichischen Datenschutzgesetzes überhaupt nicht dauerhaft gespeichert werden dürfen. Das Justizministerium ist schon deshalb skeptisch gegenüber langen Speicherfristen, weil die Kosten der Speicherung/Überwachung von der Justiz getragen werden müssen. Wirtschaftskammer und AK gehen davon aus, dass sich die zuletzt jährlich angefallenen sechs Millionen Euro Überwachungskosten vervielfachen werden.

Terroristen, Tauschbörsen

Wirklich geregelt oder vereinheitlicht in Europa hat diese EU-Richtlinie nichts, im Gegenteil. Die Speicherdauer ist mit wahlweise sechs Monaten bis zwei Jahren mehr oder weniger freigegeben, ein multinationales Unternehmen wie T-Mobile muss dann in England und in der Tschechischen Republik zwei Jahre Verbindungsdaten lang für Datamining-Zwecke der Behörden speichern, in Österreich vielleicht neun Monate, in Deutschland zwölf. Dazu wird pro Land völlig unterschiedlich entschädigt, oder auch nicht, denn nicht einmal das wurde normiert.

Ebenso wenig festgeschrieben wurde, was unter "schweren Verbrechen", nach denen Zugriff auf die persönlichen Datensätze für die Ermittler freigegeben werden muss, denn genau zu verstehen ist. Die Internationale Vereinigung der Phonographischen Industrie hat jedenfalls bereits ihr Interesse angemeldet, schließlich sei professionelles "Raubkopieren" ein gravierendes Delikt.

Der Anlass war

Die Anlässe für die Data-Retention-Richtlinie waren die Bomben-Attentate in London und Madrid, "Kampf gegen Terrorismus" war das erklärte Ziel, als das EU-Parlament am 14.12 2005 mit einer Mehrheit von 378 zu 197 Stimmen für die verpflichtende Speicherung von Internet- und Telefondaten gestimmt hatte.

(Erich Moechel)