06.09.2001

KEHRTWENDE

Bildquelle: PhotoDisc

Neustart im Microsoft-Kartellprozess

Nach jahrelangen juristischen Konflikten verzichten die US-Kartellbehörden und die ebenfalls klagenden Bundesstaaten endgültig auf die Zerschlagung Microsofts.

Das Justizministerium in Washington begründete die Entscheidung am Donnerstag mit den Interessen der Verbraucher.

Auch der Vorwurf, Microsoft habe unfairerweise seinen Internet-Browser direkt in das marktbeherschende PC-Betriebssystem Windows eingebaut, wurde fallen gelassen.

Der Konzern soll aber sein Geschäftsgebaren gegenüber Computerherstellern ändern, forderte die Regierung.

Schnelle Lösung finden

Auch die klagenden Bundesstaaten wollen jetzt nicht mehr auf eine Zerschlagung des Konzerns hinarbeiten, erklärte der Justizminister von Iowa, Tom Miller. Stattdessen wollen die Behörden möglichst rasch andere Sanktionen erreichen.

Quellcode und Desktop

Das Justizministerium in Washington betonte, den Verbrauchern solle "rasche, wirksame und sichere Erleichterung" verschafft werden.

So bald wie möglich sollten angemessene Sanktionen gegen Microsoft verhängt werden, um die wettbewerbswidrigen Praktiken des Konzerns zu beenden. Dabei will sich Washington an einem ersten Urteil vom vergangenen Jahr orientieren.

Darin hatte Bundesrichter Jackson verfügt, der Konzern solle den PC-Herstellern Einblick in den Quellcode von Windows geben.

Jackson verlangte auch öffentliche Preisvorgaben für den De-facto-Monopolisten. Zudem sollten die Firmen das Aussehen von Windows ändern können.

Gehe über Los

Mit der Entscheidung der Kläger werden die Karten im Kartellprozess wieder völlig neu gemischt.

Microsoft kann sich auf jeden Fall darüber freuen, dass die Zerschlagung und die Untersuchung der Einbindung des Explorers in Windows in den USA vom Tisch sind.

Insbesondere der letzte Punkt kann auch als Signal dafür gewertet werden, dass die Einbindung von anderen Anwendungen in Windows XP zunächst nicht auf den Widerspruch der US-Behörden stoßen wird.

Verlauf ist völlig offen

Sollte die Regierung allerdings ernsthaft Preiskontrollen, Einblicke in den Quellcode und die freie Gestaltung des Desktops durchsetzen, wäre das ein herber Schlag für Microsoft.

Andererseits könnten die Verhandlungen auch darauf hinauslaufen, dass MS nur zu kosmetischen Korrekturen gezwungen wird.