Microsofts Media-PC auf dem Prüfstand
Seit Mitte Oktober in Österreich | Programmierung via Fernsehzeitschrift überzeugt | Aber Zappen nur noch mit Verzögerung | Eigenes Aufnahmeformat ".dvr-ms" | Fernbedienung mit erstaunlicher Reichweite
In den USA schon seit zwei Jahren und in Deutschland seit dem letzten Jahr auf dem Markt, hat es die Windows XP Media Center Edition [MCE] in der Version 2005 Mitte Oktober auch nach Österreich geschafft.
Statt seinen Rechner selbst mit passenden Programmen zur Multimedia-Maschine umzurüsten, sollen Enduser mit MCE und der gebündelten Hardware eine einfach bedienbare Multimedia-Lösung aus einem Guss erhalten.
Verschiedene Anbieter liefern die Media-PC-Komplettsysteme in unterschiedlichen Designs vom gewohnten Computergehäuse bis zum dezenten HTPC-Look.
Futurezone.ORF.at hat die Eier legende Wollmilchsau, die DVD-Player, Videorecorder, Stereoanlage und Fotoalbum vereint, genauer unter die Lupe genommen.
Konfiguration des Testsystems
Als Testsystem war dabei ein 3,2-GHz-Media-PC von Microstar mit 1.024 MB RAM, 200 GB Festplatte, ATI X 600 Pro 256 MB mit TV-Out und DVI-I, alle erdenklichen Anschlussmöglichkeiten [USB 2.0, Firewire, alle gängigen Cardreader-Formate, Ethernet, WLAN, SPDIF-IN/OUT] Stereo-TV-FM-Tuner-Karte und Dual-Layer-DVD-Brenner im Einsatz.
Zugriff auf Netzwerk-Rechner
Die Bildausgabe erfolgt entweder analog via S-Video oder Composite über das TV-Gerät oder über VGA oder DVI auf einen LCD/Plasma-Schirm oder Videoprojektor.
Die Media-Center-Oberfläche in vertrauter Windows-Optik ist auf den ersten Blick übersichtlich und wird mit Infrarot-Fernbedienung, die eine erstaunliche Reichweite aufweist, gesteuert.
So können etwa die gesammelten Digifotoarchive über die Diashow-Funktion, wahlweise mit eigener Musikuntermalung, ganz einfach auf den Fernseher gebracht werden. Die simple Bearbeitung der Bilder [zuschneiden, rote Augen entfernen] ist mittels Fernbedienung möglich.
Auch zum Abspielen von Musik aus dem Radio, von CD oder Festplatte in allen gängigen Formaten kann der Media-PC genutzt werden.
Das Aufrufen der Dateien erfolgt - wie bei Microsoft üblich - über die "Eigenen Dateien", entweder kopiert man dort alle seine Media-Files hinein oder erstellt Verknüpfungen auf die lokale Festplatte oder einen Netzwerk-Pfad.
Spielt gängige Formate
Die DVD/Filmwiedergabe ist sowohl von DVD als auch von Festplatte möglich. Alle Videoformate [DivX, Xvid etc.] werden bei entsprechend installiertem Codec abgespielt. Grundsätzlich basiert die Wiedergabe auf Media Player 10, andere Programme [wie WinDVD, PowerDVD] können aber ebenfalls eingebunden werden.
Kein Zappen mehr
Beim Live-Fernsehen über den Media-PC zeichnet der Rechner automatisch das Gesehene auf, zeitversetzer TV-Genuss und Zurückspulen bis zu einer halben Stunde sind möglich.
Das schnelle Zappen durch die TV-Kanäle wird einem jedoch schnell vergällt, der Kanalwechsel erfolgt mit einiger Verzögerung.
Komfortable Aufzeichnung mittels EPG
Stattdessen bietet sich die Nutzung der elektronischen Fernsehzeitschrift an, die sich via Internet aktualisiert [14 Tage im Voraus] und auf Knopfdruck auflistet und zeigt, was auf welchem Sender gerade läuft.
Dieser elektronische Programm-Guide wird auch zur komfortablen Programmierung der digitalen Videorecorder-Funktion genutzt. Ein Tastendruck genügt und das Ausgewählte wird später aufgezeichnet.
Mit einem weiteren Tastendruck wird die Serienfunktion aktiviert, damit keine Episode der Lieblingsserie mehr verpasst wird. Läuft die Serie auf mehreren Sendern, werden sämtliche Folgen aufgenommen, auch Wiederholungen werden erkannt und übersprungen.
Im Test erwachte das Gerät bei programmierter Aufnahme zuverlässig aus dem Standby-Modus und führte die Aufzeichnung durch.
Volle PC-Funktionalität bleibt bestehen
Hinter all den Multimedia-Funktionen bleibt die volle Funktionalität des PC bestehen. Mit angesteckter Tastatur/Maus und Monitor ist die Nutzung als normaler Desktop-PC jederzeit möglich.
Schreibt drei GB pro Stunde
Bei der Aufnahme aus dem Fernsehen schreibt die MCE-Software bei maximaler Auflösung etwas mehr als drei GB pro Stunde, in der geringsten Qualität etwa ein GB.
Grundsätzlich kann immer nur eine Sendung aufgenommen werden, beim Einbau einer zweiten TV-Karte ist das Aufnehmen zweier überlappender Sendungen bzw. die Aufnahme mit gleichzeitigem Live-Fernsehen möglich.
Die aufgezeichneten Sendungen können anschließend via Fernbedienung auf DVD gebrannt werden.
Auch die Werbung wird aufgenommen, so passt aber leider schon ein Streifen in typischer Spielfilmlänge nicht mehr auf eine herkömmliche DVD. Da die Datei mit der MCE-Software im Nachhinein weder geschnitten, gesplittet noch komprimiert werden kann, sollte man also schon bei der Aufnahmeprogrammierung auf eine geringere Qualität umstellen.
Eigenes Aufnahmeformat ".dvr-ms"
Zudem kocht Microsoft beim Aufnahmeformat leider wieder einmal sein eigenes Süppchen: Das Format hat die Endung ".dvr-ms" und kann nur mit Tools von Drittherstellern - wie "Power Director 3" von Cyberlink, Sonic "Prime Time" - ins MPEG2-Format umgewandelt werden.
(Beate Zaussinger)