Ein Blog-Netzwerk mit Aussicht
Spreeblick - ein deutsches Weblog-Netzwerk mit Ambitionen. Über die Ethik der Blogger und Bloggen gegen Bezahlung berichtet das Ö1-Magazin "matrix".
Am Anfang stand der Name: Spreeblick. "Das hatte so was von Currywurst-Berlin, was ich ganz hübsch fand", erinnert sich Johnny Haeusler. Der Ex-Musiker und Radiomoderator wollte um die Jahrtausendwende herum unter dem Namen Spreeblick ein Berliner Stadtmagazin gründen. Bald wurde jedoch klar, dass es zu viele Ressourcen brauchte, um auf dem umkämpften Hauptstadt-Pressemarkt Fuß zu fassen. Die Magazin-Pläne landeten in der Schublade, und die dazugehörige Domain wurde zur Baustelle.
Haeusler nutzte die Netz-Adresse ab 2002 für erste Weblog-Experimente. Mit dem regelmäßigen Schreiben kamen immer mehr Leser und mit einer Story über den Klingeltonanbieter Jamba auch die ersten Reaktionen der klassischen Massenmedien. Nach und nach mauserte sich Spreeblick so zu einem der bekanntesten deutschsprachigen Weblogs.
"Inzwischen hat es sich eingependelt zu einer ganz stattlichen Zahl von Lesern, so zwischen 5000 und 10.000 am Tag", weiß Haeusler zu berichten.
Als Johnny Haeusler im Sommer 2004 einen satirischen Text über das Jamba-Geschäftsmodell schrieb, provozierte er einige Mitarbeiter der Firma zu einer ungewöhnlichen Reaktion: Sie dass sie in den Kommentaren des Spreeblick-Blogs als zufriedene Konsumenten auf und wurden prompt von Haeusler enttarnt.
Vom Blogger zum Verleger
Mit dem wachsenden Publikum stiegen auch die Anforderungen an Haeusler. Anfang 2005 entstand deshalb die Idee, Spreeblick auch kommerziell zu nutzen.
Anstelle von Bannerwerbung und Amazon-Links setzt Haeusler dazu jedoch auf Sponsoren-Partnerschaften und die Kraft des Netzwerkens. Insgesamt acht Weblogs und ein Podcast werden von seinem im Sommer letzten Jahres gegründeten Spreeblick Verlag betreut.
Das Ziel: "Die langfristige Planung wäre schon, dass man die Autoren richtig bezahlen kann."
Neben Johnny Haeuslers eigenem Weblog gehören unter anderem auch das Politik-Blog lautgeben und das Musik-Blog Antifreeze zum Spreeblick-Verlag.
Vorbilder in den USA
Bloggen gegen Bezahlung - das ist in den USA für einige Weblog-Autoren längst Realität. Nicht alle setzen dabei auf Verlage oder Netzwerke. So arbeitet der in Los Angeles ansässige Blogger Kevin Roderick ganz auf eigene Faust an seinem Blog Laobserved.com.
Die mediale Ich-AG ist Roderick auch sonst nicht fremd. Er arbeitet seit Jahren als freier Journalist für Magazine und Zeitungen.
Bedeutende Einnahmequelle
LA Observed ist in den letzten Jahren zu einer der bekanntesten und renommiertesten Online-Nachrichtenquellen von Los Angeles geworden. Für Roderick wird das Blog zudem zu einer immer bedeutenderen Einnahmequelle.
Ob er einmal ganz davon leben kann, weiß er nicht. Doch er ist sich sicher: "Es hat Potential, weil es ein recht großes Publikum im ganzen Land besitzt. Ich glaube, es gibt eine Chance, dass daraus so etwas wie ein Business wird."
Heute 22:30 im Ö1-Magazin matrix
Janko Röttgers traf Johnny Haeusler in Hamburg und Kevin Roderick sowie den Städte-Blogger Sean Bonner in Los Angeles. Er sprach mit ihnen über Netzwerke, Verlage, Anzeigen und die Ethik professioneller Blogger.