Start des digitalen Polizeifunks in Wien

BOS-Austria
10.01.2006

Das neue TETRA-Netz der Wiener Behörden ist ein intelligenter und flexibler Technik-Bastard aus Telefonie und Funk. Da der TETRA-Standard aus den frühen 90er Jahren datiert, hapert es mit der Datenübertragung: Die Regel sind gerade einmal 7,2 kBit/s.

"Es war wirklich ein Weltrekord, der hier geleistet wurde", sagte Innenministerin Liese Prokop [ÖVP] am Dienstag zum Start des neuen digitalen Behördenfunknetzes BOS-Austria nach dem TETRA-Standard in Wien.

Österreichweit sind 133 Millionen für den Ausbau des Netzes budgetiert, das sei gerade einmal die Hälfte der Mittel, die für das gescheiterte Vorgängersystems Adonis [siehe unten] gewesen wären, so Prokop weiter.

Der Ausbau in Wien samt Korridor zum Flughafen kostet 10,2 Millionen Euro, davon fallen 3,3 Millionen für Endgeräte an.

Funktioniert auch in U-Bahnstationen

"Die Rettung sollte ein gutes Stück vor dem Sommer fertig werden" sagte Bürgermeister Michael Häupl, danach sei die Feuerwehr an der Reihe.

Wien sei damit die erste EU-Hauptstadt, in der die Behörden oberirdisch wie unterirdisch dasselbe Netz benutzen, zumal das System auch in den U-Bahnstationen funktioniere.

Aufnahme des Funkverkehrs

Zum Beweis dafür wurde bei der Präsentation im Innenministerium der Funkverkehr mit Beamten in der U-Bahn-Station Stephansplatz aufgenommen, die einwandfreien Empfang bestätigten.

Dass der TETRA-Funkverkehr auch weit über die Rufweite des Innenministeriums hinaus funktioniert, bewiesen im Anschluss Funktelefonate zur Rotkreuz-Zentrale in Wien und zur Funkleitzentrale der Polizei in Innsbruck.

Bis 2007 sollen Niederösterreich und die Steiermark voll mit TETRA versorgt sein.

Vorher Siemens, nachher Alcatel

Nach dem Ende des von Siemens angeführten Adonis-Projekts, das unter Innenminister Ernst Strasser nach jahrelanger Planung zu Grabe getragen worden war, wurde neu ausgeschrieben.

Als Bestbieter wurden Alcatel Austria und Motorola ermittelt, der Vertragsschluss zur Errichtung des Behördenfunknetzes BOS-Austria datiert mit Juni 2004.

Die gemeinsame Tochter von Alcatel und Motorola, Tetron, hat am 4.1. 2006 den Betrieb in Tirol aufgenommen, bis 2009 soll das neue Netz flächendeckend in ganz Österreich funktionieren.

Flexibler Technik-Bastard

Das TETRA-System [TErrestrial Trunked RAdio] ist eine Art intelligenter und sehr flexibler Technik-Bastard, der die Tugenden von Funk [Broadcast] und Telefonie [Adressierung] vereint.

Neben Gruppenruf und schneller Umstrukturierungsmöglichkeit der jeweiligen Teilnehmer-Gruppe [Trunked Mode] können auch zwei oder mehrere Funkgeräte unabhängig vom Netz miteinander im "Direct Mode" kommunizieren.

Kein Mitlauschen mehr

Und das ziemlich sicher verschlüsselt, während die analogen Polizei-Funkkanäle mit einem anlogen Funkscanner bis heute von jedem abgehört werden können.

Dazu lassen sich Subnetze und Relaisstationen samt richtiger Netzverwaltung bilden. Eine TETRA-Station im Einsatzfahrzeug Fahrzeug kann mit Gateway so als Relais und Kommandozentrale für alle Handfunkgeräte auf einem Areal ad hoc eingestellt werden.

Bei Daten hapert es

TETRA überträgt in einem Zeitschlitzverfahren [Time Division Multiplex Access, TDMA], nur durch 25 kHz getrennt, können so vier Sprachkanäle auf engstem Frequenzraum gebündelt werden.

Parallel dazu können dazu zwar auch Daten übertragen werden, das heisst Datenbankabfragen direkt vom Einsatzort werden möglich.Theoretisch, denn die Datenübertragung ist pro Timeslot auf 7,2 Kbit/s begrenzt.

Kombination mit UMTS angedacht

Man könne zwar vier Datenkanäle zu insgesamt 28,8 kBit/s bündeln, dies würde das Netz allerdings sehr belasten, sagte ein Techniker des Innenministeriums zur futurezone.

Für eine Erhöhung der Bandbreite komme entweder ein Ausbau auf den kommenden TETRA2-Standard in Betracht, möglich sei aber auch eine Kombination der ganz auf die Telefonie zugeschnittene TETRA-Technologie mit UMTS, etwa durch Einsteckkarten.

(Erich Moechel)