Ein Abgang im Zeichen des Balkans
Die Turbulenzen um die versuchte Akquisition der serbischen Mobtel haben nach fünf Jahren erfolgloser Versuche den Anlass gegeben, den erfolgreichen Chef der Telekom Austria, Heinz Sundt, zum Rücktritt zu zwingen.
Die Antwort auf die Frage, warum der bis dato höchst erfolgreiche TA-Chef Sundt den Abgang machte, ist nicht nur in Wien zu finden. Die Wirren rund um den Kauf der serbischen Mobtel boten erstmals einen echten Anlass, Sundt tatsächlich abzusägen.
Die schier unzähligen Versuche seit 2001, den trotz Sparkurs und erfolgreicher Sanierung bei Betriebsrat wie Personal sehr populären Telekom-Chef abzuberufen, waren nämlich stets an einem gescheitert: an Sundts wirtschaftlicher Bilanz.
Jedes neue Wiederaufflammen der Ablösegerüchte hatte Sundt stets binnen Tagen mit einer wirtschaftlichen Erfolgsmeldung gekontert. Denn während Sundts Amtszeit kehrte die TA nicht nur bald in die schwarzen Zahlen zurück, der nach dem Börsengang in den Keller gefallene Börsenkurs der TA hat sich unter Sundts Ägide mehr als verdreifacht.
Die letzten, großen Erfolgsmeldungen waren vom Hoffnungsgebiet der TA, dem Balkan, gekommen. In der englischsprachigen Ad-hoc-Mitteilung wurde bezeichnenderweise betont, dass Sundt dem Unternehmen zukünftig als Konsulent für die Expansion in Serbien erhalten bleiben werde.
90 Millionen Euro aus Österreich
Wohl nicht ganz zufällig wurde am Tag von Sundts Abgang bekannt, dass die Hypo Alpe Adria Bank in Serbien um einen Kredit in der Höhe von 70 Millionen Euro bangen muss. Dazu kommen 20 Millionen, die Raiffeisen dem serbischen Mobilfunkbetreiber Mobtel gewährt hat.
Die wie schon in Bulgarien im Vorfeld der Übernahme durch die TA aktive österreichische Investorengruppe um die Industriellen Martin Schlaff, Josef Taus und Herbert Cordt ist mit ihrem Engagement bei der Mobtel nämlich mitten in die Wirren serbischer Politik geraten.
Belgrader Politik
Anders als bei der erfolgreich verlaufenen Übernahme des bulgarischen Marktführers Mobiltel verläuft der nach gleichem Muster angegangene Kauf der serbischen Mobtel zunehmend chaotisch. Dem Unternehmen wurde erst die Lizenz entzogen, jetzt soll es von der Regierung unter Zwangsverwaltung gestellt worden sein
Dass dieses Engagement erhebliche Risiken mit sich bringen könnte, wurde in den letzten Wochen und Monaten immer deutlicher.
Der Vorbesitzer der Mobtel ist der schärfste politische Widersacher des serbischen Regierungschefs Vojislav Kostunica, der nur noch mit hauchdünner Mehrheit regiert.
Forderungen und Klagen
Die Mobtel, größter serbischer Mobilfunkbetreiber, war unter anderem von dem serbischen Wirtschaftsmagnaten Bogoljub Karic gegründet worden. Im Mai 2005 übernahmen die Investoren Schlaff, Taus und Cordt die Mehrheit an dem Unternehmen.
Die serbische Regierung von Ministerpräsident Kostunica hatte Mobtel vor zwei Wochen die Funklizenz entzogen und diese Entscheidung damit begründet, dass Mobtel vor zwei Jahren ein Abkommen mit dem Mobilfunk-Unternehmen Mobikos in der von der UNO verwalteten Provinz Kosovo geschlossen hatte. Seit dem Lizenzverlust wird das Mobtel-Handynetz per Regierungsbeschluss von der serbischen Telekom verwaltet.
Mobtel hat nun in Belgrad deswegen eine Klage gegen die serbische Regierung eingereicht. Mobtel verlangt Schadenersatz in Höhe von 20 Milliarden Dinar, umgerechnet 229 Millionen Euro. Die erste Verhandlung soll am 27. Jänner stattfinden. In der Mobtel-Klagsschrift heißt es, dem Mobilfunkunternehmen sei durch eine gesetzwidrige Regierungsentscheidung großer Schaden entstanden.
Das Unternehmen verlangt eine einstweiligee Verfügung, durch die der vorherige Zustand des Unternehmens wiederhergestellt bzw. dem Mobtel-Vorstand die Erfüllung seiner Aufgaben ermöglicht werden soll.
Eine Lösung a la Yukos möglich
Serbische Zeitungen berichteten am Donnerstag, dass die Kreditgeber HAAB und Raiffeisen nun um ihr Geld bangen müssten. Belgrad soll demnach Druck auf die Banken ausgeübt haben, die Kredite an Mobtel entweder fällig zu stellen oder an die Regierung zu übertragen.
Spekuliert wird in den Zeitungen, dass die Regierung Kostunica damit einen Konkurs des Unternehmens erzwingen will, weil der ehemalige Hauptaktionär Karic politisch aktiv ist und die Regierungspartei stürzen wolle. Eine derartige "Lösung" nach dem Muster der Zerschlagung des Ölkonzerns Yukos durch die russische Regierung
Sollte das Unternehmen tatsächlich in die Insolvenz schlittern, könnte es massive finanzielle Verluste für die beiden Banken geben.
Seitens der Geldinstitute war zu der Causa vorerst keinerlei Stellungnahme zu erhalten.
(Erich Moechel | APA)