Kritik an ungeregelter Videoüberwachung

UPDATE
23.01.2006

Datenschützer kritisieren, dass jeder Geschäftsbetreiber Überwachungsvideos erstellen und diese so lange aufheben darf, wie er will. Die Meldepflicht für private Überwachungen wird bisher kaum beachtet.

Die Ausforscherung des "Saliera"-Diebes führte vielen Österreichern vor Augen, dass man im Alltag viel öfter videoüberwacht wird als vermutet.

Bilder aus der Überwachungskamera des A1-Handyshops auf der Wiener Mariahilfer Straße, die den "Saliera"-Dieb beim Kauf einer anonymen Wertkarte für das Mobiltelefon zeigten, brachten die Ermittler auf seine Spur.

Datenschützer kritisieren anlässlich des Falls, dass gerade dieser Bereich der privaten Videoüberwachung bisher völlig ungeregelt ist.

Mit der Wertkarte telefonierte der Täter bei der gescheiterten Geldübergabe im November 2005 mit der Polizei. Die Ermittler fanden später heraus, wo die Karten gekauft worden waren und fanden auf den noch nicht gelöschten Aufzeichnungsbändern den Käufer der Karte.

Zugriff ohne Gerichtsbeschluss

"Es besteht in Österreich die Situation, dass Videoüberwachung von Privaten überhaupt nicht geregelt ist", so Hans Zeger von der ARGE Daten. "Jeder Geschäftsbetreiber darf aufzeichnen und aufheben, so lange er will. Er könnte sogar die Straße vor seinem Geschäft filmen, und es ist auch keine Ankündigung nötig."

Die Polizei wiederum dürfe diese Daten auch ohne Gerichtsbeschluss verwenden.

Dass andernfalls die Polizeiarbeit behindert würde, lässt der Datenschützer nicht gelten. "Der Fall 'Saliera' wäre auch rechtlich abgedeckt, wenn es die geforderte Regelung geben würde", ist Zeger überzeugt. "Offensichtlich bestand ein konkreter Tatverdacht. Es ist der Polizei zuzumuten, dass sie in solchen Fällen den U-Richter befasst."

Auch Gerätenummer wird mitgesandt

"Vielen Leuten ist nicht bewusst, dass bei jedem Handykontakt auch eine Gerätenummer mitgeschickt wird", so Zeger. "Diese Daten werden von einem Betreiber zum anderen weitergegeben, dürfen aber nur für die Dauer der Diensterbringung und für Abrechnungszwecke gespeichert werden."

Klärung ohne Videoband kaum möglich

"Die Klärung des Falles wäre ohne dieses Videoband nicht oder kaum möglich gewesen", meinte Johannes Rauch, Sprecher von Innenministerin Liese Prokop [ÖVP], zur Kritik der ARGE Daten.

"Auch die Sicherheit ist ein Grundrecht. Wir sind immer um Augenmaß beim Spagat zwischen Eingriffen in die persönlichen Rechte und polizeilichen Ermittlungen bemüht."

Meldepflicht für private Überwachungen

Grundsätzlich müssen private Videoüberwachungen - egal ob der private Hauseingang oder das Geschäft auf der Mariahilfer Straße -, sofern sie digital erfolgen und die Daten gespeichert werden, bei der Datenschutzkommission schon vor Beginn der Aufzeichnung gemeldet und genehmigt werden ["Meldung beim Datenverarbeitungsregister", DVR].

Die entsprechenden Formulare stehen auf der Website der Datenschutzkommission zum Download bereit [siehe Link weiter unten] und können elektronisch eingereicht werden [dvr@dsk.gv.at].

Binnen zwei Monaten erfolgt dann die Rückmeldung, dass die Registrierung erfolgt ist. Erst dann ist der Start der Überwachung erlaubt.

Speicherdauer nicht geregelt

Die Polizei darf Videoaufzeichnungen üblicherweise nur 48 Stunden aufbewahren. Bei der erlaubten maximalen Speicherdauer im Bereich der privaten Überwachung gibt es hingegen derzeit noch keine genaue Regelung.

Diese Lücke kann die Polizei seit 1. Jänner dieses Jahres für sich nutzen: Laut Sicherheitspolizeigesetz hat die Exekutive sofortigen Zugriff auf private Aufzeichnungen, ohne Gerichtsbeschluss.

Bei Nichteinhalten dieser Meldepflicht droht eine Verwaltungsstrafe von bis zu 10.000 Euro.

(futurezone | APA)