Schwere Vorwürfe gegen Yline-Management

GUTACHTEN
26.01.2006

Die "objektive Zahlungsunfähigkeit" von Yline soll bereits neun Monate vor dem Konkursantrag im September 2001 eingetreten sein. Der Verdacht auf Bilanzmanipulationen, "kridaträchtiges Handeln", Insiderhandel und andere Delikte hat sich laut Gutachten erhärtet. Ex-Yline-Chef Werner Böhm bestreitet das.

Im Strafverfahren um den Bankrott des Wiener IT-Firmenkonglomerats Yline wurde nun das lange erwartete Sachverständigengutachten dem zuständigen Staatsanwalt vorgelegt, das berichtet das "WirtschaftsBlatt" in seiner Donnerstag-Ausgabe.

Auf 719 Seiten [plus 1.500 Seiten Beilagen] erhebt der Sachverständige Thomas Keppert schwere Vorwürfe gegen das Yline-Management – allen voran Yline-Gründer Böhm. Die "insolvenzrechtlich relevante Überschuldung" bzw. die objektive Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens soll bereits Ende Dezember 2000 bis spätestens Mitte Jänner 2001 eingetreten sein.

Der Konkurs wurde freilich erst ein Dreivierteljahr später, nämlich am 25. September 2001, eröffnet.

Betrug, Untreue, Krida ...

Am 16. Dezember 2002 hatte Keppert vom Landesgericht Wien den Auftrag, ein Gutachten wegen des Verdachts des Betrugs, der Bilanzfälschung und des Insiderhandels zu erstellen.

Im März 2003 kam der Verdacht des schweren gewerbsmäßigen Betrugs, der Untreue, Krida und Gläubigerbegünstigung dazu. Insgesamt 22 frühere Yline-Manager und Aufsichtsräte stehen unter Verdacht. Im Yline-Umfeld sind mindestens 14 Firmen in die Pleite geschlittert.

Das Gutachten konstatiert laut "WirtschaftsBlatt" außerdem, dass vor und nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit "kridaträchtiges Handeln durch übermäßigen Aufwand sowie Verschenken bzw. Unbrauchbarmachung von Vermögen" stattgefunden habe.

... und Bilanzmanipulationen

IBM, einer der größten Gläubiger, soll insofern begünstigt worden sein, indem auch nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit noch Gelder von Yline an IBM geflossen seien.

Dazu hätten sich viele Anhaltspunkte für Bilanzmanipulationen bei Quartals-, Konzern- und Jahresabschlüssen des Firmenkonglomerats ergeben, heißt es in dem Gutachten. Das im Jahresabschluss 2000 [noch in Schilling] ausgewiesene Eigenkapital von einer Milliarde Schilling etwa hätte bei ordnungsgemäßer Bilanzierung ein Minus zwischen 279,16 Mio. und 327,39 Mio. Schilling ergeben.

Insiderhandel, wertlose Beteiligungen ...

Bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen [Primus Services, YWAS, WebLine, Kontornet] stellt das Gutachten einen Schaden von 33,64 Mio. Euro fest. Die Sacheinleger sollen die erhaltenen Yline-Aktien überwiegend an der Börse veräußert haben, während Yline "wertlose" Beteiligungen in den Büchern hielt.

Yline-Manager und mit Insiderinformationen ausgestattete Personen sollen bereits massiv Aktien verkauft haben, während viele Kleinanleger auf Grund von lancierten Pressemeldungen noch Aktien erwarben, als sich das Ende längst abzeichnete.

"... hat es nicht gegeben"

Böhm wies gegenüber dem "WirtschaftsBlatt" alle Vorwürfe zurück, auch Bilanzmanipulationen habe es nicht gegeben.

Was die Zahlungsunfähigkeit betreffe, so liege ihm ein anderes Gutachten vor, in dem ein wesentlich späterer Zeitpunkt angesetzt wird. Auch eine persönliche Bereicherung bestreitet Böhm.

Von 278 Euro auf 60 Cent

Die am 13. Mai 1998 ins Firmenbuch eingetragene YlIne Internet Business Services AG wurde rasch zu einem Börsen-Überflieger. Im März 2000 lag der Aktienkurs bei einem Höchststand von 278 Euro, ein paar gescheiterte Übernahmen und Einstiege später [Beko, Libro etc.] lag der Aktienkurs bei 60 Cent [13. September 2001].

Mit dem Konkurs am 25. September 2001 wurden 53 Mio. Euro an Forderungen angemeldet, 25 Mio. davon hat der Masseverwalter mittlerweile anerkannt.

(futurezone | WirtschaftsBlatt)