Der chinesische Weg zu 3-G

eigenwillig
09.02.2006

China setzt beim Mobilfunknetz der dritten Generation auf ein eigenes System, genannt TD-SCDMA. Die Lizenzen dafür sollen noch dieses Jahr vergeben werden, damit zu den Olympischen Spielen 2008 ein leistungsfähiges Netz zur Verfügung steht.

China, mit fast 400 Millionen Handynutzern schon heute der größte Mobilfunkmarkt der Welt, geht bei der nächsten Mobilfunkgeneration einen Sonderweg.

Das Ministerium für Informationsindustrie erklärte am Mittwoch die in China in Kooperation mit Siemens entwickelte TD-SCDMA-Technologie zum nationalen Standard.

Es war höchste Zeit, denn die Lizenzen müssen noch heuer vergeben werden, wenn zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking ein ausgereiftes mobiles Hochgeschwindigkeitsnetz zur Verfügung stehen soll.

Es wird erwartet, dass China am Ende das einzige Land sein wird, das gleichzeitig drei Standards der neuen Generation pflegen wird: sein eigenes TD-SCDMA [Time Division Synchronous Code Division Multiple Access], den heutigen weltweiten Standard W-CDMA [Wideband Code Division Multiple Access], der hier zu Lande als UMTS bekannt ist, sowie in geringerem Maße das heute vor allem in den USA und Japan benutzte CDMA-2000.

160 3-G-Netze weltweit

Weltweit gibt es bereits 160 Netze der dritten Generation, die zu 80 Prozent mit UMTS laufen. Indem in China erst Lizenzen für TD-SCDMA vergeben werden, können die Betreiber die Infrastruktur aufbauen und nötige Erfahrungen im kommerziellen Betrieb sammeln. "Promote TD-SCDMA, create 3G glory!" so der kämpferische Slogan der Industriegruppe TD-SCDMA-Forum.

"Historischer Durchbruch"

Die Technologie war entwickelt worden, um nicht von ausländischen Unternehmen abhängig zu sein - sich nicht "versklaven" zu lassen, wie ein chinesischer Kommentator schrieb. Nicht ohne Nationalstolz wird TD-SCDMA jetzt als "historischer Durchbruch" gefeiert.

An der Entwicklung zusammen mit Datang Telecom und der Akademie für Telekommunikation hatte der deutsche Siemens-Konzern seit Ende der 90er Jahre großen Anteil. Wichtige Patente liegen aber in chinesischen Händen.

Technisch zeichnet sich das Verfahren vor allem dadurch aus, dass es beim Senden und Empfangen mit einer variablen Bandbreite und damit unterm Strich effizienter arbeitet. Nach kleineren, erfolgreichen Versuchen werden jetzt im Frühjahr in drei oder vier Städten große TD-SCDMA-Netze aufgebaut und die Funktionstüchtigkeit mit anderen Netzen für ein paar Monate im Alltag getestet.

China Telecom und China Netcom vorne

Wer die Lizenz bekommt, wird heftig diskutiert. Doch deutet vieles darauf hin, dass die beiden großen Festnetzbetreiber China Telecom und China Netcom zum Zuge kommen werden, wobei die Telecom die besten Karten zu haben scheint.

Export in asiatische Länder möglich

Die beiden großen Mobilfunkanbieter China Mobile und China Unicom dürften auf TD-SCDMA vorerst verzichten. Es wird erwartet, dass China Mobile, die den europäischen GSM-Standard nutzt, UMTS weiterverfolgen wird und China Unicom vom heutigen CDMA-Netz zu CDMA-2000 übergeht.

Die großen Handyhersteller wie Nokia und Ericsson stehen bereit für den neuen Standard. Eine im Jahr 2000 gegründete TD-SCDMA-Allianz zählt 420 Mitglieder.

In der ersten Phase dürften TD-SCDMA-Handys mit GSM kompatibel sein, im nächsten Schritt auch mit UMTS. Wegen der verschiedenen Standards müssten am Ende zwangsläufig Multimode-Handys her.

Wenn sich das nationale TD-SCDMA-Hochgeschwindigkeitsnetz in China erfolgreich entwickeln und groß werden sollte, dürfte die chinesische Technologie auch international an Einfluss gewinnen und exportiert werden - zunächst wohl in andere Schwellenländer in Asien.