Belgrad erhält Mobtel-Dokumente aus Wien

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09.02.2006

Die serbischen Behörden, die seit dem Jahresbeginn intensive Ermittlungen beim Mobilfunkbetreiber Mobtel durchführen, stützen sich dabei auch auf die Dokumente einer Wiener Anwaltskanzlei.

Die Anwaltskanzlei Schönherr erhielt den Auftrag dafür von der am Einstieg auf den serbischen Markt interessierten Telekom-Austria-Tochter mobilkom austria, berichtete die serbische Zeitschrift "Vreme".

Die Belgrader Wochenzeitung hat Einsicht in den 337 Seiten umfassenden Bericht der Anwaltskanzlei unter dem Namen "Projekt Moby Dick" gehabt. Der Bericht stützt sich auf rund 8.000 Mobtel-Dokumente, die die Anwälte im Jänner und Februar 2005 analysiert haben, sowie auf Gespräche mit mehreren Personen aus der Mobtel-Geschäftsführung.

Polizei wusste Bescheid

Die Zeitschrift berichtet, dass zahlreiche Dokumente, die von den Finanzmachenschaften des früheren Mobtel-Mehrheitsbesitzers, des Belgrader Geschäftsmannes Bogoljub Karic, und seiner Familienangehörigen zeugten, den serbischen Behörden - konkret der Polizeidirektion für Bekämpfung der organisierten Kriminalität - bereits seit vier Jahren bekannt gewesen seien.

Dank guter Kontakte des kontroversen Geschäftsmannes zur genannten Polizeidirektion habe man auf die Unterlagen "vergessen", so "Vreme". Es sei auch nichts auf Grund einer Strafanzeige gegen Karic wegen Steuerhinterziehung im Jahre 2001 unternommen worden.

Eine Strafanzeige gegen Bogoljub Karic und seine drei Brüder wurde wegen Steuerhinterziehung von 1999 bis 2001 erst Anfang dieser Woche eingereicht. Allerdings haben sich die Gebrüder Karic inzwischen ins Ausland abgesetzt.

Unklare Eigentümerverhältnisse

Karic hatte im Vorjahr seinen Mehrheitsanteil an der Mobtel an die österreichischen Investoren Martin Schlaff, Josef Taus und Herbert Cordt verkauft. Die serbische Regierung hatte Ende des Vorjahres den Entzug der Funklizenz für den Handynetz-Betreiber beschlossen.

Den Anlass dazu lieferte ein Geschäftsvertrag mit dem kosovarischen Geschäftsmann Ekrem Luka vom Dezember 2003, der wenige Monate später gekündigt wurde.

Aus dem Bericht der Wiener Anwaltskanzlei Schönherr ist "Vreme" zufolge allerdings auch ersichtlich, dass Karic einige Monate zuvor einen fast identischen Vertrag auch mit der Firma Norway Invest A.S. abgeschlossen hatte, die ebenfalls mit Luka in Verbindung gebracht wird. Es bleibt unklar, ob dieser Vertrag, mit dem laut den Wiener Anwälten die gesamten Mobtel-Geschäfte im Kosovo auf die Norway Invest übertragen wurden, noch in Kraft ist.

(futurezone | APA)