Hoffnung und Angst - Windows XP
Heute startet offiziell das neue Microsoft-Betriebssystem "Windows XP", auf das sich wohl soviele Hoffnungen und Ängste richten, wie bislang auf keine andere Software.
Hoffnungen richten weite Teile der Hard- und Softwareindustrie auf Windows XP, weil sie einen entscheidenden Marktimpuls von der Einführung erwarten.
Die Hoffnungen vieler Privatnutzer richten sich derweil auf das versprochene Ende der inzwischen zur lästigen Gewohnheit gewordenen Abstürze der bisherigen Konsumenten-Versionen von Windows.
Microsoft hofft schließlich auf eine Festigung seiner Position und eine substantielle Erweiterung seiner Geschäftsfelder in Richtung E-Commerce und Multimedia-Services.
Ängste löst unterdessen die massive Integration oder Bündelung vieler Online-und Multimedia-Funktionen mit Windows XP aus. Kritiker befürchten eine Ausweitung von Microsofts Monopolstellung weit über die jetzigen Software-Felder hinaus und in der Folge auch massive Datenschutzrisiken.
Nach Aussage von Microsoft steht das "XP" von Office und Windows XP für "eXPerience", also für "Erfahrung". Doch aus einem Wortspiel mit XP, kann man auch auf das sagenumwobene Microsoft-Betriebssystem mit dem Codenamen "Cairo" schließen. Bereits vor Jahren kündigte Microsoft ein objektorientiertes Betriebssystem mit dem Codenamen Cairo an. In letzter Zeit ist es jedoch still um diese Bezeichnung geworden. Wenn man die Buchstabenfolge XP allerdings im Griechischen betrachtet, kommt man ebenfalls auf den Namen der ägyptischen Hauptstadt.
Die wahre Bedeutung des Kürzels "XP"Vorinstalliert auf neuen PCs kann man Windows XP schon seit rund einem Monat erstehen.
Windows XP ist draußenKulminationspunkt
Bill Gates hält Windows XP schlicht für "das beste Betriebssystem, das wir jemals entwickelt haben". Es sei der Kulminationspunkt von 15 Jahren Forschung und Entwicklung.
Die wichtigste Neuerung fällt allerdings nicht sofort ins Auge: Mit Windows XP endet nach 20 Jahren die DOS-Ära.
Windows XP soll das erste Windows für Privatanwender werden, das so stabil läuft, wie man das eigentlich schon immer erwartet hat. Gleichzeitig soll es das erste MS-Betriebssystem werden, das für Unternehmen genauso geeignet ist wie für Privatbenutzer, also Stabilität und Ausdauer mit Multimediatauglichkeit vereint.
Auf mehr Stabilität bedacht als die Privatanwender-Versionen sind bislang die für den Einsatz im Unternehmen entwickelte Windows-Varianten [Windows NT und 2000].
Jetzt soll Windows XP zum stabilsten und sichersten Windows werden, das es je gab. Dazu trägt neben dem weiter entwickelten Systemkern auch die Mehrbenutzerverwaltung bei, die es bisher nur bei Windows NT/2000 gab.
Bill Gates hat auf der "Professional Developers Conference" schon die folgenden Betriebssysteme angekündigt. 2003 soll demnach "Windows Longhorn" kommen und 2005 "Blackcomb". Damit soll dann Microsofts .NET-Strategie voll umgesetzt werden.
Stabilität, Kopierschutz und E-KommerzPreise
Zum heutigen Start kommen zwei Version von Windows XP auf den Markt.
Die für den Heimanwender gedachte "Home Edition" kostet in der Vollversion 250 Euro [3.440 ATS]. Wer bereits "Windows 98/Millenium" auf seinem Computer installiert hat, kann auf die Update-Version, die 129,9 Euro [1.787 ATS] kostet, zurückgreifen.
Die für Firmen gedachte "Professional"-Version soll sich vor allem durch verbesserte Netzwerkfähigkeit auszeichnen, jedoch steht der Verkaufspreis noch nicht fest. Das Upgrade der Professional Edition von Windows 2000/98/ME/NT soll für 3.559 ATS zu haben sein.
Ein Online-Tool des US-Wirtschaftsmagazins "Forbes" soll Unternehmen helfen, die Gesamtkosten einer Umstellung auf Windows XP zu ermitteln. Der "Windows XP ROI Calculator" versucht alle möglichen Kostenfaktoren einzubeziehen, um den Return on Investment [ROI] zu ermitteln.
Online WinXP-Gesamtkosten berechnenAbsatzchancen
Über die Absatzchancen für Windows XP und die damit verbundenen Folgeinvestitionen gibt es unterschiedliche Aussagen.
Nach Angaben von Microsoft von vor zwei Monaten sollen in den ersten sechs Monaten nach der Markt-Einführung bereits rund 125.000 Österreicher auf Windows XP umsteigen. Weltweit sollen es im selben Zeitraum 25 Millionen Kunden sein.
Finanzvorstand Jim Connors dämpfte allerdings letzte Woche bei der Vorstellung der Bilanz für das dritte Quartal diese Erwartungen wieder: "Windows XP wird ein sehr erfolgreiches Produkt, sowohl mit Bezug auf die Kundenzufriedenheit als auch unter finanziellen Gesichtspunkten - langfristig betrachtet."
Damit schwenkt Microsoft auf die Linie von unabhängigen Experten, die schon länger an einem rasanten Absatz gezweifelt haben. Die renomierte Gartner Group hat Windows-Anwender sogar vor einem raschen Umstieg auf Windows XP gewarnt.
"Ich sehe derzeit keinen überzeugenden Grund für ein Upgrade. Für Unternehmensanwender sind vor allem Zuverlässigkeit und Stabilität wichtig, und die sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben", wurde Gartners Forschungsleiter für Storage und Server, Philip Sargeant, von der "Computerworld Australia" im September zitiert.
Windows XP und die ÖsterreicherDie Schattenseiten
Kritiker sehen vor allem in der Integration bzw. Bündelung von zahlreichen Zusatzfunktionen eine Gefahr. Dabei wird davon ausgegangen, dass Software, die mit dem Betriebssystem kommt, genau wie der Internet Explorer mittelfristig das jeweilige Marktsegment beherrscht.
Sollten diese Befürchtungen zutreffen, wird Microsoft in einigen Jahren auch ein Monopol auf E-Commerce-, Multimediaplayer- und Identifikations-Software erlangen.
Der "Media Player", der mit XP kommt, kann jetzt neben Musik und Videos auch DVD-Filme spielen.
Aber auch der E-Commerce hält Einzug ins Betriebssystem. Über den Button "Musik online einkaufen" gelangt man direkt auf die Site von Microsofts Online-Shop.
Das südkoreanische Internet-Unternehmen Daum Communications wollte wegen der Bündelung mit MSN-Instant-Messenger die Einführung von Windows XP sogar durch gerichtliche Maßnahmen blockieren.
WinXP per Gerichtsbeschluss stoppenDer Knackpunkt
Am heftigsten steht Microsoft allerdings wegen der Kombination von Windows XP und dem Idenfikationssystem "Passport" in der Kritik. Mit "Passport" werden persönliche Daten wie Krediktkartennummern für Geschäfte im Internet gespeichert
US-Aktivisten von 13 Bürgerrechtsgruppen haben ihre Beschwerde bei der Federal Trade Comission gegen Passport und Windows XP bereits letzten Monat ausgeweitet.
Die Beschwerde wurde vom Electronic Privacy Information Center [EPIC] eingebracht und wirft dem Softwaregigant vor allem eine unfaire Wettbewerbspraxis und eine Verletzung der Privatsphäre der Benutzer vor.
Und erst vorgestern stellten mehrere US-Bundesstaaten im gleichen Zusammenhang neue Klagen gegen Microsoft in Aussicht.
Beschwerden gegen Windows XP ausgeweitetAktivierung
Umstritten ist zuletzt die obligatorische Aktivierung des Betriebssystems, mit der Microsoft die Softwarepiraterie bekämpfen will:
Nach der Installation muss der Käufer innerhalb von 30 Tagen telefonisch oder per Internet eine von Windows XP generierte Seriennummer an Microsoft übermitteln, um das Programm zur weiteren Nutzung freizuschalten.