"Mana" - ein Förderspiel für Netzkulturen
"Mana" ist der Name für eine Software, mit der von der Stadt Wien Fördergelder für Netzkunst und Netzkultur vergeben werden. Ein kulturpolitisches Experiment mit Modellcharakter?
Das Herzstück des neuen Wiener Fördermodells ifür Netzkultur st ein Softwareprogramm. Was das Tool zur gegenseitigen Bewertung leisten muss, wurde in langwierigen Diskussionen von der Netznetz-Community erörtert.
Insgesamt wird über "Mana" eine Fördersumme von 250.000 Euro vergeben. Um mitspielen zu können, muss man erstens im Bereich der Netzkunst und Netzkultur im Raum Wien aktiv sein und sich bis 3. März unter "mana.netznetz.net" registrieren. Das aktuelle Konzept, für das sich im Dezember eine Mehrheit aussprach, basiert auf einer Spielidee.
Wie das Community Game tatsächlich funktioniert? Jeder Mitspieler bekommt von der Software zufallsgesteuert eine unterschiedliche Zahl von Spielpunkten zugewiesen. Damit die Spielpunkte nicht verfallen, müssen sie untereinander vergeben werden. Am Ende des Spiels können die Bewerber die gesammelten Punkte bei der MA7 gegen Fördergeld eintauschen, erklärt Christoph Theiler, der auch die Idee zum favorisierten Modell hatte.
Veranstaltungshinweis:
Am 20. Februar, um 19 Uhr, Depot, 7., Breite Gasse 3: Präsentation Community Gameplay - Das softwarebasierte Fördermodell Netzkulturen "Mana"
Hacking und Freunderlwirtschaft?
Wie lässt sich ausschließen, dass sich Leute zweimal anmelden, unter falschem Namen mitspielen oder sich ausmachen – wenn du mir Punkte gibst, dann bekommst du auch Punkte von mir? Thomas Thurner, Mitbegründer von "Team Teichenberg" und Netznetz-Aktivist hat eine pragmatische Antwort: "Gar nicht. Aber wenn Missbrauch passiert, also wenn eine Initiative 50 Stück Voting-Vieh mitschleppt, wird das in der Community sicher nicht gutgeheißen."
Ella Esque, von der Gruppe "plus error.org" sieht die Frage nach dem Missbrauch des Systems ebenfalls gelassen: "Hacking ist ein aktiver Part der Netzkultur, wenn das jemand macht und das werden Gruppen ganz sicher probieren, kann das Fehler aufzeigen und so kann sich das System auch weiterentwickeln."
Stichwort Ideenklau
Wird ein Projektantrag bei einer Förderstelle abgegeben, so kann der Bewerber davon ausgehen, dass sein Vorhaben vertraulich behandelt wird. Anders bei einem öffentlichen Bewertungsspiel, bei dem die Bewerbungen für alle einsehbar sind. Die Beschreibung des Projektvorhabens spielt deshalb im Mana-Community-Game eine untergeordnete Rolle. Vergeben werden Stipendien, erklärt Thomas Thurner.
Dass mit "Mana" nicht konkrete Projekte sondern interessante Arbeit gefördert werden soll, dafür spricht sich auch Hans Bernhard von der Gruppe "ubermorgen.com" aus. Der international erfolgreiche Netzkünstler vergleicht sein Schaffen mit der Grundlagenforschung, wo nicht ergebnis- sondern erkenntnisorientiert gearbeitet wird.
Sozialer Druck
Wenn Fördergeber gleichzeitig auch Förderempfänger sind, ist sozialer Druck vorprogrammiert, kritisieren Sabine Maier und Michael Mastrototaro, die als Künstlerduo "Machfeld" Netz- und Medienkunst betreiben. Um ihre Werke realisieren zu können, sind sie auf öffentliche Förderungen angewiesen.
"Für uns ist diese Arbeit kein Spiel sondern unser Broterwerb, in anderen Bereichen wäre es undenkbar Spiele einzuführen, um an Gelder heranzukommen."
Kulturpolitisches Experiment?
Mit der Entwicklungsarbeit der Netznetz-Szene höchst zufrieden, ist der der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Was er sich von dem kulturpolitischen Experiment erwartet? "Ich erwarte mir eine Belebung der Szene und dass gute Projekte herauskommen. Wenn das gut funktioniert, kann ich mir durchaus vorstellen dieses Modell auch auf andere Förderbereiche auszuweiten."
Insgesamt stellt die Stadt Wien für Netzkunst und Netzkultur ein Fördervolumen von 500.000 Euro bereit. 50.000 Euro sind für Kleinstförderungen vorgesehen, um diese so genannten "Microgrants" können Kunst- und Kulturschaffende nach wie vor bei der Wiener Kulturabteilung ansuchen.
100.000 Euro stehen für "Backbone-Projekte", also für die Förderung von Infrastrukturen bereit und mit den restlichen 100.000 Euro soll die Netznetz-Community eine jährliche Großveranstaltung bestreiten, die so genannte "Annual Convention", bei der die geförderten Projekte präsentiert werden. Die Hälfte des Fördervolumens wird über Mana vergeben, als so genannte "Networkgrants". Was ist aber nun mit den Spielverderbern, die keine Lust haben sich in das Community-Game einzuklinken? Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny sieht darin kein Problem: "In anderen Förderbereichen muss man sich dem Kuratorenmodell oder dem Jury-Modell oder dem Beiratssystem unterwerfen."
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Netbase gibt sich geschlagen
Für einen Player der Wiener Netzkulturszene scheint das Spiel bereits gelaufen zu sein. Die Netbase, die seit 1994 nicht nur lokal sondern auch international als Anlaufstelle für Netzkünstler und Drehscheibe für Netzdiskurse fungierte, müsste sich nun ebenfalls über das neue Fördermodell um Gelder bewerben.
Doch bei den geringen Fördersummen, die über das Community-Spiel verteilt werden, ist eine nachhaltige und internationale Projektarbeit nicht zu finanzieren, so Konrad Becker, Gründer und Leiter der Netbase. Außerdem sei ein Förderspiel nicht dazu geeignet, Finanzierungspartner wie die EU an Land zu ziehen.
Heute 22:30 im Ö1-Magazin matrix
Mehr zum neuen Wiener Fördermodell für Netzkulturen, warum Selbstorganisation nicht vom Himmel fällt, welche Regeln in der Software stecken und was Kritik am neuen Förderspiel auslöst, das hat Ina Zwerger in Erfahrung gebracht.
(futurezone | Ina Zwerger)