US-Jurist fordert Copyright-Revolution
Der US-Verfassungsrechtler Lawrence Lessig sieht die Entfaltung von Kultur und Kreativität durch geltendes Urheberrecht bedroht. In seinem jüngsten Buch betont er, dass die durch neue Technologien entstandene Freiheit geschützt werden muss.
Lessig gilt als Spezialist für Urheberrecht und als Urvater der Creative-Commons-Lizenz
Das Internet hat seiner Meinung nach eine bisher ungeahnte Form der Kreativität freigesetzt. Die dabei entstandenen Möglichkeiten für die Kultur würden jedoch von der Medienindustrie für ihre eigenen Interessen geopfert.
In seinem Buch "Freie Kultur - Wesen und Zukunft der Kreativität", das nun auch in Deutsch erschienen ist, hält Lessig ein Plädoyer für die Modernisierung des Urheberrechts.
"Werft die Juristen raus"
In seiner Analyse stellt Lessig das heute geltende Urheberrecht als kaum praxistauglich und kontraproduktiv dar. Es geht ihm aber nicht darum, Raubkopien zu verteidigen, sondern neue Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Urheber in einer veränderten technischen Welt dennoch zu ihrem Recht kommen.
"Werft die vielen Juristen raus", fordert Lessig in einer seiner Überschriften. Denn viele heute vom Gesetz her nötige Klärungen der Urheberrechte für die Nutzung etwa von Filmausschnitten und Musikstücken seien ohne immensen Aufwand oder starken rechtlichen Beistand kaum noch realisierbar.
Gut lebt davon allein eine stetig wachsende Zahl von Juristen, so Lessig, der selbst an der Stanford Law School lehrt und dort das "Center for Internet and Society" gegründet hat.
Rechtsprechung behindert Kultur
Im Netz sind zwar Musik, Bilder, Illustrationen, Literatur und Filme leicht und unkompliziert verfügbar. Doch wer Filmschnipsel oder Bildausschnitte aus dem Internet für seine eigene Website oder auch beruflich etwa für eine Präsentation nutzt, sie vielleicht noch mit Musik untermalt, hat sich bereits strafbar gemacht. Mit heutiger Rechtsprechung wären viele kulturelle Höhepunkte in der Vergangenheit gar nicht erst entstanden, meint Lessig.
Das Thema Kopieren von Musik wird meist nur im Zusammenhang mit Klagen oder neuen Kopierschutztechniken der Film- und Musikindustrie genannt, die Rechte der Konsumenten gehen dabei oft unter.
Kultur entsteht anders
Die Medienindustrie versuche mit allen Mitteln, die durch neue Technologien entstandenen kreativen Freiheiten zu beschränken. "Der gesunde Menschenverstand muss revoltieren", so Lessigs Meinung. Gewisse Freiheiten bedeuteten keineswegs automatisch Anarchie. Eine Überregulierung schade dagegen allen Seiten.
"Ein Krieg um das Urheberrecht tobt um uns herum - und wir alle konzentrieren uns auf das Falsche", meint Lessing. Zwar bedrohen tendenziell neue Technologien existierende Geschäftsmodelle. Doch überall verändere sich derzeit grundlegend die Art und Weise, wie Kultur überhaupt entsteht.
"Freie Kultur - Wesen und Zukunft der Kreativität" von Lawrence Lessig ist bei Open Source Press erschienen.
(futurezone | dpa)