Filesharer wollen Schweden regieren
Die schwedische Dateitausch-Website The Pirate Bay hat sich bisher allen Versuchen der Film- und Musikbranche, sie vom Netz zu nehmen, widersetzt. Nun wollen die Pirateriebefürworter mit einer eigenen Partei sogar den Einzug ins Parlament schaffen.
Während man im Rest Europas meist nur sehr einseitig von den Forderungen der mächtigen Lobby der Musik- und Filmindustrie nach mehr Urheberrechtsschutz hört, genießt in Schweden eine Piraterievereinigung, die sich für die Entkriminalisierung des Datentauschs einsetzt, hohes Ansehen.
"Piratbyran", Gründer der Dateitausch-Website The Pirate Bay, sieht sich als politische Gegenkraft zu den großen Konzernen und versucht nun mit einer eigenen Partei sogar den Einzug in das schwedische Parlament.
Testlauf in Reality-Show
Vorgemacht hat es ein Kandidat der schwedischen Reality-Show "The Top Candidates", in der sechs junge Teilnehmer wie Politiker um die Gunst der Zuschauer kämpfen mussten.
In seinem Wahlprogramm bekannte er sich zu Filesharing und erklärte, im Falle des Hauptgewinns 20 Prozent des Preisgeldes von 250.000 Kronen an die Torrent-Plattform The Pirate Bay [TPB] zu spenden. Petter Nilsson konnte damit tatsächlich die meisten Zuschauerstimmen gewinnen und hielt sein Versprechen: Umgerechnet 5.340 Euro gingen an die TPB-Betreiber.
The Pirate Bay wurde 2003 von den schwedischen Tauschbörsen-Verfechtern der Piratenvereinigung Piratbyran gegründet.
Eine Million Besucher pro Tag
Da immer mehr populäre Sites wie SuprNova und LokiTorrent die Pforten schließen mussten, zählt The Pirate Bay mit über einer Million Besucher pro Tag [Unique Visitors] mittlerweile zu den meistgenutzten Torrent-Sites.
Bisher gelang es der Unterhaltungsindustrie trotz wiederholter Versuche nicht, die Website durch Klagen offline zu zwingen. Der Mailverkehr dazu ist auf der Website genau dokumentiert.
Grund dafür ist die grundsätzliche Struktur des Datentauschs im Torrent-Netzwerk.
Kein geschütztes Material auf Server
Über das Portal werden nicht die Dateien selbst, sondern nur die Informationen, wo es das Gesuchte zum Download gibt, veröffentlicht.
Denn jeder, der über das BitTorrent-Netz herunterlädt, bietet die Datei gleichzeitig auch zum Download für andere an, dadurch steigert sich die Download-Rate gerade bei größeren Files erheblich.
Dadurch verstößt das Pirate-Bay-Portal nicht gegen schwedisches Gesetz.
Der Pirate-Bay-Server weiß, wer die Datei herunterlädt und somit gleichzeitig verteilt und gibt diese Information in Form einer Torrent-Datei an die Client-Software des Nutzers weiter.
Rechtliche Zuständigkeit
"Für uns steht fest, dass das Portal gegen kein schwedisches Gesetz verstößt und somit vollkommen legal ist. Solange das Gesetz nicht geändert wird oder das oberste Gericht eine solche Entscheidung trifft, setzten wir unsere Aktivitäten unbarmherzig fort", so der rechtliche Berater der Site, Jusstudent Mikael Vibor.
Die Unterhaltungsindustrie hingegen ist der Meinung, dass gegen Copyright-Gesetze weltweit verstoßen wird. "Wenn man den Datentausch unter Millionen von Leuten weltweit ermöglicht, untersteht man auch den Gesetzen in den jeweiligen Ländern", erklärt Filmindustrie-Sprecherin Kori Bernards.
Erbitterter Streit über Copyright
Bis vor kurzem war der Download von urheberrechtlich geschütztem Material in Schweden zu persönlichen Zwecken nicht verboten. Erst auf internationalen Druck setzte Schweden letzten Sommer schließlich die EU-Richtlinie zum Urbheberrecht um und verbot das Kopieren ohne Erlaubnis des Rechteinhabers.
Als Reaktion darauf aktualisierten die Pirate-Bay-Betreiber kurzerhand ihre Software, um den Nutzern noch mehr Komfort zu bieten. Seither ist der Streit pro und kontra Filesharing in Schweden neu entbrannt. Auf jede Aktion der Piratenjäger folgt eine des Piratenbüros.
Nachdem zwei Schweden zu Geldstrafen wegen Filesharings auf Grund von Beweisen in Form von Screen-Shots des Anti-Piraterie-Büros verurteilt worden waren, startete das Pirateriebüro eine "Evidence-Machine", die gefälschte Screen-Shots nach Wunsch produziert.
Eigene Partei drängt ins Parlament
Mit der neu gegründeten "Pirate Party" will Piratbyran nun den Einzug in das schwedische Parlament schaffen. Kernpunkte des Parteiprogramms sind die Stärkung der Privatsphäre, die Verhinderung der EU-Data-Retention-Direktive und ein ausbalanciertes Urheberrecht.
Derzeit verzeichnet die Partei 1.500 eingetragene Mitglieder, für den Einzug in das Parlament muss sie mit mindestens 225.000 Stimmen die Vierprozenthürde schaffen.
Das Wählerpotenzial dürfte vorhanden sein: Nach Schätzungen gibt es 1,2 Millionen wahlberechtige Filesharer in Schweden [insgesamt 8,96 Mio. Einwohner].
Die Wahl in Schweden findet im September statt.
(futurezone | Wired)