Ein Telekom-Konzern für Mitteleuropa
Für die Bekanntgabe der Übernahme des österreichischen Providers EUnet wurden die Topmanager der irischen eTel eingeflogen. Gewerkt wird an einem mitteleuropäischen Telekom- und IT-Konzern für Business-Kunden, Wien kommt offenbar eine wichtige Rolle zu.
Die Übernahme des österreichischen Business-Providers EUnet durch die in Dublin ansässige eTel Group wurde am Mittwoch auch offiziell bekannt gegeben.
Eigens dafür eingeflogen wurden eTel-Gründer Sean Melly und Bernard Somers, Chairman der eTelGroup. Zusammen mit Achim Kaspar, dem Chef von eTel Austria, zeigte man sich durchwegs optimistisch.
Die Übernahme der EUnet sei für eTel ein "Meilenstein", nun werde man die "zwei Kanus zu einem Katamaran ausbauen, um auf dem österreichischen Telekom-Markt der Konkurrenz davonzusegeln", erklärte Kaspar.
AUA, OMV, ÖBB, Libro
Der Fokus liege weiterhin auf Geschäftskunden, und davon hat die EUnet eine erkleckliche Zahl eingebracht, darunter AUA, OMV, ÖBB, Libro und die oberösterreichische Landesregierung.
Finanziert wird die Übernahme zum Großteil mit Eigenkapital, ein kleiner Teil wird von einem österreichischen Finanzpartner gestellt.
Investoren
Hinter der eTel Group stehen Dresdner Kleinwort Capital als Hauptinvestor und zwei New Yorker Equity- bzw. Investment-Fonds [Argus Capital Partners, Greenhill Capital Partners]. Mit Intel Capital ist auch der Venture-Fonds des Chipgiganten mit im zentraleuropäischen Telekom-Expansionsgeschäft.
Vorstandsvorsitzender Bernard Somers leitet neben der etel Group eine Reihe weiterer Firmen, darunter die an der NASDAQ notierte ICT Group. Davor war er Direktor der Central Bank of Ireland.
Die Eroberung Mitteleuropas
Wahrscheinlich werde es noch heuer zwei weitere Transaktionen in Tschechien, der Slowakei, Polen oder Ungarn geben, sagte Somers.
Sollten sich in Österreich weitere Akquisitionsmöglichkeiten ergeben, werde man diese prüfen, wiewohl das Hauptaugenmerk nun auf der Integration der EUnet liege, ergänzte Kaspar.
Die irische eTel-Gruppe werkt - mittlerweile ziemlich klar ersichtlich - an einem mitteleuropäischen Telekom-Konzern mit deutlichem Schwerpunkt auf Geschäftskunden.
In Österreich, Tschechien, der Slowakei, Polen und Ungarn sowie Deutschland erzielte eTel 2005 mit insgesamt 360 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von 102 Mio. Euro.
Das Leck des Kanus EUnet
Dass eines der beiden Kanus, die den Telekom-Katamaran der Zukunft bilden sollten, ein ordentliches Leck aufweist, kam allerdings auch zu Tage.
20 der 30 Millionen Euro des Kaufpreises wurden für die Schuldenabdeckung der EUnet verwendet, hieß es offiziell und natürlich gebe es "keine Jobgarantie für niemanden", so Kaspar.
Es werde aber nur "vereinzelt Anpassungen" im Zuge von Synergieeffekten geben, ein größerer Mitarbeiterabbau sei nicht geplant. Neben der Marke EUnet will eTel auch die 80 Vollzeitarbeitskräfte und 40 Teilzeit-Call-Center-Mitarbeiter von EUnet übernehmen.
Bewegte Geschichte
EUnet wurde 1991 als Österreichs erster kommerzieller Internet-Provider gegründet und hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Im Jahr 1998 erfolgte die Übernahme durch Qwest und die Umbenennung in KPNQwest Austria.
KPNQwest - EUnet - Tiscali
Das Unternehmen schlitterte im Juni 2002 in die Insolvenz. Im Juli erfolgte der Neustart mit neuen Investoren, die das Unternehmen wieder in EUnet umbenannten und 2003 an den italienischen Internet-Anbieter Tiscali verkauften.
2005 an Air Call
2005 ging EUnet/Tiscali an die zur Sammlung des US-Investors Jordan Industries gehörige Firma Air Call. Die hatte bereits 2003 den österreichischen Internet-Anbieter Nextra übernommen.
Kostenschonend in Österreich
Österreich ist für eTel im Moment der bei weitem umsatzstärkste Markt, eTel Austria hat im Vorjahr mit 125.000 Kunden 76 Mio. Euro Umsatz erzielt, 100.000 Kunden und 27 Mio. Euro Umsatz kommen nun dazu.
Das EBITDA ist wegen des offenbar äußerst kostenschonend vollzogenen Zukaufs einer ganzen Reihe kleinerer Firmen wie MCN, Tera Com, European Telecom, comquest und yc:networks im Vorjahr mit 3,2 Mio. Euro positiv geblieben.
Gemeinsam kommen eTel und EUnet künftig auf mehr als 100 Mio. Euro Umsatz, 250 Mitarbeiter und 225.000 Kunden.
Börsengang wird geprüft
Das Unternehmen prüft derzeit einen Börsengang, als Börsenplätze werden London und Wien ins Auge gefasst. Bisher sei noch keine Entscheidung darüber getroffen worden, sagte eTel-Gründer und Aufsichtsrat der eTel Austria, Sean Melly.
(futurezone | APA)