Sony droht Debakel bei PlayStation 3
Die verspätete Markteinführung der PlayStation 3 kratzt nicht nur am Image des bisherigen Konsolen-Marktführers Sony, sondern setzt ihn auch finanziell unter Druck. Denn im Kampf der Konsolen überlässt Sony damit vorerst der Konkurrenz das Feld.
Nach monatelangen Gerüchten und trotz wiederholter Dementis ist es seit Mittwoch offiziell: Statt wie ursprünglich geplant noch in diesem Frühjahr zunächst in Japan, wird die mit Spannung erwartete High-Tech-Konsole PlayStation 3 [PS3] von Sony erst im November auf den Markt kommen.
Mit einem Simultanstart in Japan, den USA und Europa versucht der japanische Elektronikkonzern den Spätstart dabei wettzumachen.
Ramponiertes Image
Doch die Verschiebung gilt als Rückschlag für Sony. Das betrifft sowohl das Image des Konzerns als auch die Finanzlage.
Der angeschlagene Elektronikriese, der im Rahmen eines umfassenden Sparplans unter anderem 10.000 Stellen streichen will, ist wirtschaftlich auf seinen größten Verkaufsschlager angewiesen.
Hauptsache vor Weihnachten
An der Börse verlor die Sony-Aktie nach Bekanntgabe der Verspätung an Wert. Die Verluste blieben aber auf rund zwei Prozent begrenzt, da die Aktionäre einerseits den Spätstart bereits erwartet hatten, andererseits das wichtige Weihnachtsgeschäft gesichert bleibt.
Spätstart wegen Blu-ray-Disc
Offiziell wird die Verzögerung von Sony mit "Abstimmungsproblemen" bei der Definition des Blu-ray-Standards, einem der Nachfolger der DVD, begründet.
Doch auch technische Probleme beim Blu-ray-Kopierschutz, der Produktion der Video-Chips und eine zu starke Hitzeentwicklung sollen Sony laut Medienberichten zu schaffen machen.
Neueste Technologie an Bord
Anders als Microsoft setzt Sony bei der Konsole der nächsten Generation auf neueste Technologien. Das Blu-ray-Format fasst dank höherer Speicherkapazität bis zu fünf Mal mehr Daten.
Der neue Multikern-Prozessor Cell von IBM soll die Konsole bis zu 35 Mal schneller machen als ihren Vorgänger.
Sony führt das Konsortium um den Blu-ray-Standard an und will mit der neuen Konsole auch gleich für eine umfangreiche Verbreitung des eigenen Formats sorgen. In Konkurrenz dazu steht die von Toshiba vorangetrieben HD-DVD, die ebenfalls die DVD-Nachfolge für sich beanspruchen will.
Verkaufsziele
Nun will der Marktführer nach eigenen Angaben ab Anfang November zunächst eine Million Stück der PlayStation 3 pro Monat auf den Markt bringen.
"Wenn wir großartige Software haben und die Nutzer unser Produkt annehmen, werden wir bis zum Ende des Geschäftsjahrs [Ende März 2007] sechs Millionen Geräte verkaufen", erklärte der für die Computer-Unterhaltungselektronik zuständige Sony-Manager Ken Kutaragi.
Spieleaufgebot als Knackpunkt
Analysten sind jedoch skeptisch, ob die Software-Hersteller die zur PS3 passenden Spiele überhaupt rechtzeitig anbieten können, da sie von Sony bisher nicht die notwendigen technischen Informationen bekommen haben.
Gerade hier lag bisher der Hauptvorteil für Sonys PlayStation im Wettbewerb mit der Xbox 360: Die Spieleauswahl ist deutlich größer als bei dem Microsoft-Gerät.
Derzeit gibt es noch keine offizielle Aussage über die zu erwarteten PS3-Launch-Titel.
Konkurrenzfähiger Preis?
Als ein zweiter Knackpunkt im Wettlauf der Spielekonsolen um die Gunst der Kunden gilt der Preis: Die Xbox 360 wird in den USA je nach Ausstattung für 299 bis 399 US-Dollar [250 bis 334 Euro] angeboten.
Für die PS3 wird ein Preis von rund 400 US-Dollar, möglicherweise sogar um die 500 US-Dollar erwartet.
Start der Konsole kostet Geld
Der Start der PS3 wird den Konzern demnach jede Menge Geld kosten, denn durch die teuren High-Tech-Komponenten liegen die Herstellungskosten mit geschätzten 725 bis 905 US-Dollar der PS3 nach Erhebungen von Merrill Lynch weit über dem erwarteten Verkaufspreis.
Gewinn über Spielesoftware
In der Regel erzielen jedoch alle Konsolen-Hersteller ihren Gewinn über den Verkauf von Spielesoftware und Zusatzkomponenten.
Patentärger für Sony
Im Hintergrund sitzt Sony zusätzlich ein Patentstreit im Nacken. Der Konzern verlor letzte Woche vor einem US-Gericht gegen die US-Firma Immersion, die Patente auf Technologien in Controllern mit Vibrationseffekten, wie sie bei Microsoft und Sony zum Einsatz kommen, hält.
Während sich Microsoft bereits außergerichtlich mit Immersion geeinigt hat, weigert sich Sony, die Lizenzforderungen für die Dual-Shock-Controller anzuerkennen.
Dem "Wall Street Journal" zufolge drohen dem japanischen Elektronikkonzern nun Zahlungen in Höhe von weit über 90 Millionen US-Dollar.
Nintendos "Revolution" erscheint ebenfalls 2006
Auch die neue "Revolution"-Konsole von Nintendo soll noch im Laufe des Jahres erscheinen. Dabei setzt Nintendo auf innovative Steuerung durch einen kabellose Controller, der wie eine Art Laserpointer mit nur einer Hand durch Bewegungen gesteuert wird.
Microsoft profitiert von Verzögerung
Die Turbulenzen um den japanischen Elektronikriesen spielen dem Erzrivalen Microsoft mit dem Konkurrenzprodukt Xbox 360 in die Hände.
Als einziger der großen Konsolenhersteller auf dem milliardenschweren Videospiele-Markt konnte Microsoft den Verkauf seiner Konsole der nächsten Generation weltweit noch zum vergangenen Weihnachtsgeschäft starten.
Erinnerungen an Xbox-Flop
Microsoft weiß nur zu gut, was ein Jahr Zeitvorteil bedeuten kann. Die später Xbox - obwohl technisch überlegen - konnte den Vorsprung der PS2 nie aufholen.
"Wenn sie sich zu weit abschlagen lassen, werden sie sich in derselben Situation wieder finden, in der die Xbox war", sagte Craig Mundie, Technikchef bei Microsoft. "Da ist ein großer Hügel zu besteigen."
Cash-Cow PS2 und PSP
Allzu dramatisch ist Sonys finanzieller Schaden durch die Verschiebung derzeit dennoch nicht einzuschätzen.
Der Konzern hat mit dem Handheld-Spielesystem PlayStation Protable [PSP] noch eine Konsole im Mobilbereich im Rennen, von der weltweit bisher 15 Millionen Stück abgesetzt werden konnten.
Kein weiterer Spielraum
Zudem läuft der Verkauf der PlayStation-2-Geräte derzeit noch sehr gut. Die Cash-Cow bringt trotz ihres hohen Alters bisher noch satte Gewinne ein.
Das wird jedoch erwartungsgemäß in den nächsten Monaten stark zurückgehen, da viele Käufer bei einer Neuanschaffung nun bis November warten werden. Weitere Verzögerungen darf sich Sony daher keinesfalls leisten.
(futurezone | dpa | Reuters | AP)