Tauschbörsen als Kaufanreiz für Nutzer

Musik
19.03.2006

Entgegen allen Klagen zeigt eine neue Studie im Auftrag der kanadischen Musikindustrie, dass Tauschbörsen den Kauf von Musik sogar stimulieren können. Abschreckend sind hingegen Preis und uninteressante Angebote.

Eine neue Studie im Auftrag der Musikindustrie nimmt einigen der gern genutzten Argumente gegen Tauschbörsen den Wind aus den Segeln.

Die 1.229 im Auftrag der Interessensvertretung der kanadischen Musikindustrie [Canadian Recording Industrie Association – CRIA] befragten Kanadier nutzen Tauschbörsen laut eigenen Angaben vor allem als Informationsquelle über Musik.

Drei Viertel kauften Musik auch

So gaben drei Viertel aller Tauschbörsennutzer an, mindestens ein Mal eine Musik-CD gekauft zu haben, nachdem sie einen Song aus einer Tauschbörse angehört haben. 27 Prozent machten das zwei bis zehn Mal, 21 Prozent noch öfter. Die größte Gruppe der Tauschbörsennutzer, die Jugendlichen, kauft außerdem die meisten CDs.

Die Mehrheit der Songs auf den kanadischen Festplatten stammt zudem aus der eigenen Musiksammlung und von kostenpflichtigen Online-Angeboten.

Insgesamt gab ein Drittel aller befragten PC-Nutzer an, schon einmal Musik aus dem Netz heruntergeladen zu haben.

500 Songs auf der Festplatte

Durchschnittlich 500 Songs hatte jeder der befragten Downloader laut eigenen Angaben auf seiner Festplatte, bei den 25- bis 34-Jährigen sind es 722.

Davon stammen 36 Prozent aus der eigenen CD-Sammlung, 32 Prozent aus Tauschbörsen und 20 Prozent sind bezahlte Downloads. Der Rest teilt sich auf Musik von Freunden und Familie bzw. Musik direkt von Künstler-Websites auf.

Bei den 35- bis 44-Jährigen stammt die Mehrheit der Songs aus Tauschbörsen [31 Prozent], ein etwas geringerer Teil dafür aus der eigenen Sammlung.

Musik zu teuer und uninteressant

Das immer wieder beklagte mangelnde Käuferinteresse zeigt sich in der Umfrage nicht ganz so deutlich, dafür die Gründe: 35 Prozent gaben an, im letzten halben Jahr weniger Musik-CDs bzw. -DVDs gekauft zu haben, 28 Prozent kauften mehr, der Rest war sich unsicher.

Als Gründe dafür, weniger Musik gekauft zu haben, gaben die Befragten an, dass der Preis zu hoch sei [vor allem die Jüngeren], dass es keine interessante Musik gibt [vor allem die Gruppe zwischen 35 und 54 Jahren], dass sie keine Zeit zum Musikhören haben und dass es die Songs ohnehin auch online zu kaufen gibt [vor allem Jüngere].

Trotz des Booms im Online-Musikvertrieb und Großkampagnen gegen "Raubkopierer" sind die Gesamtumsätze der Musikindustrie 2005 weltweit weiter gefallen. In Kanada ist der Umsatz im letzten Jahr um vier Prozent gefallen.

Konkurrenz durch Radio

Zudem, so die Studie, machen sich das Radio und die eigene Musik der Hörer zunehmend Konkurrenz, vor allem bei den 13- bis 24-Jährigen. Unter 50 Prozent der gesamten konsumierten Musik in dieser Altersklasse kommt aus dem Radio.

In dieser Gruppe gaben 83 Prozent an, dass sie manche Songs so oft im Radio hören, dass sie das Gefühl haben, sie müssten den Song oder gar das Album gar nicht mehr kaufen [Durchschnitt 59 Prozent].

Als beste Zielgruppe für Musik in Form von CDs oder Downloads sei das besonders verstörend, so die Studie. Als Schluss zieht sie die Behauptung, dass die jüngeren Hörer dazu getrieben werden, ihre Musik mit Festplatten-Playern selbst zu "programmieren".

Jüngere kaufen mehr CDs

In dieser Zielgruppe ist die Nutzung von Tauschbörsen leicht höher als der Durchschnitt und sie bekommen mehr CDs mit Musik aus Tauschbörsen von Freunden, allerdings kaufen sie auch mehr CDs als der Durchschnitt [elf statt 7,5].

Im Durchschnitt nutzt jeder vierte Kanadier einen digitalen Musik-Player, bei den Jüngeren ist der Anteil erwartungsgemäß höher. Darauf befinden sich 167 Songs, die pro Woche durchschnittlich 2,9 Stunden angehört werden. Die Hälfte hört allerdings zumindest eine Stunde pro Tag.

Vier von fünf gaben zudem an, dabei keine Podcasts zu hören. Mehr Musik wird auf dem Rechner gehört, nämlich 4,7 Stunden pro Woche.