Neue Sichtweisen der Gaming-Kultur

debatte
23.03.2006

Computerspiele sind immer wieder Thema hitziger Debatten: Während Gegner oft die Gewalt kritisieren, betonen Befürworter den psychischen Nutzen. Die Tagung "Clash of Realities - Computerspiele und soziale Wirklichkeit" in Köln soll Gaming in einem neuen Licht präsentieren.

Computerspiele begeistern seit über 40 Jahren Jung und Alt. Ursprünglich als Studentenprojekt am MIT entwickelt, ist Gaming mittlerweile zu einem wichtigen Zweig der Unterhaltungsindustrie geworden.

Doch die Videospiele geraten immer wieder unter Beschuss, vor allem das Thema Gewalt in Spielen und deren Auswirkung auf Jugendliche erregt die Gemüter.

Der vermuteten Kausalität zwischen Videospielen und gewalttätigen Jugendlichen stehen allerdings auch reihenweise Studien gegenüber, die ein völlig anderes Bild der Gamer-Kultur zeichnen.

Gegen pauschale Verurteilungen

Die Fachhochschule Köln will dieser Diskussion gemeinsam mit dem weltgrößten Videospiele-Hersteller Electronic Arts neue Impulse geben. Auf der Fachtagung "Clash of Realities - Computerspiele und soziale Wirklichkeit" soll die Aufmerksamkeit bis Ende der Woche auch auf die Potenziale der Spiele gerichtet werden.

In der öffentlichen Diskussion würden Computerspiele laut den Veranstaltern meist zu Unrecht pauschal kritisiert.

Diese einseitige Betrachtung hat wohl auch mit einer fehlenden Kenntnis der Computerspiele-Kultur zu tun. Schließlich besteht das Gaming-Universum nicht nur aus Kriegs- und Ballerspielen, gerade die neue Generation von Online-Games setzt immer mehr auf soziale Interaktion und Sportsgeist.

Forscher aus aller Welt

Bis Freitag werden in der Kölner Fachhochschule Forscher aus Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz, Spanien, den USA und Deutschland referieren und diskutieren. Themen sind unter anderem "informelle Bildungsprozesse", die Faszination jugendlicher Spieler, Online-Spiele und schulbezogene Einflüsse von Computerspielen.

Mehr Akzeptanz

In der Bevölkerung gibt es nach Einschätzung von Winfried Kaminski, Professor am Institut für Medienforschung und Medienpädagogik der Kölner FH, eine deutlich größere Akzeptanz für Computerspiele, als es die Kritik in den Medien vermuten lässt.

Generell sei das Interesse an Online-Spielen "exorbitant", so Kaminski. Vor allem die Kombination von vielschichtigem Spielgeschehen und sozialen Ereignissen fasziniere die Spieler.

Spieler werden erwachsen

Das Klischee vom soziopathischen Teenager, der sich tagelang in seinem Zimmer einschließt und Ego-Shooter spielt, mag zwar in wenigen Fällen stimmen, wurde aber bereits in zahlreichen Studien widerlegt.

Viele Spielefans sind inzwischen erwachsen geworden. Der große Erfolg etwa des Online-Rollenspiels "Die Sims" habe gezeigt, dass die Spieler längst nicht mehr nur männlich und jung sind.

Auch Frauen werden als Zielgruppe für Computerspiele immer interessanter, was sich auch in der Spielentwicklung niederschlägt.

Mehr und mehr werden Games auch zu Therapiezwecken eingesetzt.

Jüngst wurden sogar Senioren als Zielgruppe entdeckt, die nicht nur Zeit haben, sondern mit Logik- und Merkspielen auch gegen Alterserscheinungen ankämpfen sollen.

Deutschland denkt an Verbot

Die kontroverse Diskussion über Gewalt in Games hat in Deutschland derzeit neue Aktualität bekommen, seitdem bekannt wurde, dass die große Koalition gewisse Spiele verbieten will.

"Für meinen Geschmack müsste es auch keine Kriegsspiele geben", so die Meinung von Kaminski. "Aber wenn mir einzelne Filme nicht gefallen, kann ich auch nicht die gesamte Filmwirtschaft verdammen."

(futurezone | dpa)