EU: Roaming-Tarife bis 2007 abschaffen

einheitlich
28.03.2006

Die EU-Kommission will Roaming-Gebühren für Handygespräche im Ausland praktisch abschaffen - und zwar bis zum Sommer 2007. Die Mobilfunker nehmen jährlich rund zehn Mrd. Euro damit ein und zeigen sich über den Vorstoß wenig erfreut.

EU-Medienkommissarin Viviane Reding stellte am Dienstag in Brüssel erste Vorschläge für eine entsprechende Verordnung vor, mit der künftig deutliche Preissenkungen bei Handytelefonaten im und ins Ausland erzwungen werden sollen.

Vorteile des Binnenmarkts

"Es ist höchste Zeit, dass die Bürger auch auf Auslandsreisen in den Genuss der Vorteile des Binnenmarktes kommen, und zwar in Form deutlich niedrigerer Kommunikationsgebühren", sagte die Kommissarin. "Mobiltelefonierer sollten nicht mehr bezahlen, nur weil sie im Ausland unterwegs sind."

Eine Untersuchung der Kommission habe gezeigt, dass die Gebühren für grenzüberschreitende Mobilfunkgespräche trotz einer Warnung der Kommission im September nicht zurückgegangen seien. Es gebe nur wenige positive Ausnahmen.

Verordnungsentwurf bis Juni

Die Kommission will ihre Pläne nun im Internet zur Diskussion stellen. Auf Basis dieser Anhörung will Reding möglichst noch im Juni einen konkreten Verordnungsentwurf präsentieren.

Diesem müssten die nationalen Regierungen und das EU-Parlament zustimmen. Die nationalen Regulierer unterstützten die Kommission bereits.

Beim EU-Frühjahrsgipfel, der vergangene Woche in Brüssel stattfand, drängten auch die EU-Staats- und -Regierungschefs auf eine Senkung der Gebühren.

Die EU-Kommission vergleicht auf einer Internet-Plattform die Tarife der einzelnen Mobilfunkbetreiber in den 25 EU-Staaten.

Regulierung für Endkundenpreise

Die Kommission setzt dabei vor allem auf eine Angleichung der Terminierungsentgelte, also dass Handynetzbetreiber Telefongesellschaften aus anderen Ländern den Zugang zu ihren Netzen für nur noch mehr als den Selbstkostenpreis erlauben müssen.

Damit die Einsparungen auch an den Endkunden weitergegeben werden, sollten nach Ansicht der Kommission auch die Endpreise staatlich reguliert werden. Die Verordnung soll damit vor allem die Gebühren für ankommende Gespräche im Ausland abschaffen.

Ortsgespräch im Ausland

Abgehende Gespräche sollten ähnlich berechnet werden wie im Heimatnetz eines Kunden, schlug Reding vor. Der Kunde eines deutschen Handynetzbetreibers, der sich in Madrid ein Taxi ruft, solle nur für ein Ortsgespräch bezahlen.

Wenn er von dort aber seine Familie in Deutschland anruft, soll der Preis für ein internationales Gespräch fällig werden.

Der österreichische Telekom-Regulator warnt vor Kostenfallen bei Handytelefonaten im Ausland und informiert auf einem Info-Portal über Tipps und Tricks.

Roaming bringt zehn Mrd. Euro jährlich

Die EU nimmt mit den Roaming-Preisen eine wichtige Einnahmequelle der Netzbetreiber ins Visier. Diese stehen der Initiative dementsprechend skeptisch gegenüber.

Auch für die österreichischen Betreiber stellen die Umsätze, die durch über heimische Netze telefonierende Touristen erzielt werden, nach wie vor ein gutes Geschäft dar. Insgesamt lukrieren die europäischen Betreiber laut Medienberichten jährlich rund zehn Milliarden Euro über Roaming-Gebühren.

Europas größter Anbieter Vodafone bezeichnete die Vorschläge Redings am Dienstag als zu weitgehend. Der deutsche T-Mobile-Konzern lehnt den Brüsseler Vorstoß ab. Im Prinzip sei gegen eine Senkung der Roaming-Gebühren nichts einzuwenden, sagte ein Sprecher in Bonn: "Aber wir glauben dass eine Reglementierung nicht notwendig ist." Stattdessen solle das Spiel der Marktkräfte für eine Senkung dieser Tarife sorgen.

Alternative warnen vor Preissenkung

In Österreich hatte erst vor wenigen Tagen der Verein Alternativer Netzbetreiber [VAT] gewarnt, dass eine Angleichung der Roaming-Gebühren an Inlandstarife zu einer Gefährdung der Versorgung ländlicher Räume führen würde.

Die Preise seien nicht nur auf Grund höherer administrativer und technischer Kosten gerechtfertigt, sie sicherten auch die Versorgung entlegener gebirgiger Regionen sowie der Urlaubsinseln in Südeuropa.

Der VAT räumte aber ein, dass einzelne Roaming-Gebühren unverhältnismäßig teuer seien - das gehöre abgestellt. Insbesondere in Südeuropa sei das ein Problem, in Österreich jedoch nicht.

(futurezone | AFP | APA | dpa | Reuters)