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Beinahes Ende für das vermeintliche Aus

ENERGIEEFFIZIENZ
13.01.2009

Am 5. Jänner 2010 tritt EU-weit die Stand-by-Verordnung in Kraft. Ein guter Schritt in die richtige Richtung, meinen Konsumentenschützer. In der Praxis wird die neue Verordnung aber nur sehr wenig bringen. Die wahren Stromfresser sind davon kaum betroffen, und der einzelne Konsument wird kaum etwas merken - oder doch?

Kurz vor Jahresende, am 17. Dezember 2008, erließ die EU-Kommission die Verordnung 1275/2008, die Stand-by-Verordnung, die künftig die Leistungsaufnahme elektrischer und elektronischer "Haushalts- und Bürogeräte im Bereitschafts- und im Aus-Zustand" begrenzt.

In der Übergangsfrist ab Jänner 2010 dürfen die in der Verordnung aufgelisteten Geräte im Stand-by-Modus höchstens zwei Watt, im "Aus-Zustand" (also abgeschaltet) maximal ein Watt verbrauchen. Ab 2013 gelten ein Watt im Stand-by und 0,5 Watt im vermeintlich völlig ausgeschalteten Zustand als Grenzwerte.

Ziel: Energieeffizienz

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Basis der Stand-by-Verordnung ist die EU-Ökodesign-Richtlinie (2005/32/EG), die in Österreich mit der ODV 2007 (Ökodesign-Verordnung 2007) in nationales Recht umgesetzt wurde und in der auch das "Glühbirnenverbot" festgelegt ist. Die EU hat sich mit dieser Rahmenrichtlinie eine verbesserte Energieeffizienz und die umweltgerechte Gestaltung von energiebetriebenen Produkten zum Ziel gesetzt.

Stand-by: Unnötiger Stromverbrauch

Bis 2020 sollen geschätzte 35 Terawattstunden (TWh) jährlich im gesamten EU-Raum mit der Verordnung eingespart werden. Das wären etwa 75 Prozent des derzeit unnötig verbrauchten Stroms. Einer Studie der EU-Kommission zufolge wurden EU-weit 2005 ungefähr 47 TWh verschwendet.

In Österreich ist es etwa eine TWh pro Jahr, die laut Verein für Konsumentenschutz (VKI) nur für Stand-by verbraucht wird. "Wir erwarten uns Einsparungen von mehr als 50 Prozent", so Paul Srna, Projektleiter Neue Medien beim VKI, zu ORF.at. Der Experte hofft auf die "bewusstseinsbildende Wirkung der Verordnung, denn es könnte viel mehr getan werden, was auch dem einzelnen Verbraucher mehr bringen würde".

EU-Vorbereitungsstudie:

Wahre Stromfresser

Die wahren Stromfresser sind von der Verordnung vorerst nicht betroffen. So sind die derzeit auf dem Markt erhältlichen TV-Geräte längst im grünen Bereich. "Ein modernes Gerät braucht heute in etwa ein Watt im Stand-by-Betrieb, während es vor 20 Jahren nahezu zehn bis 20 Watt waren", so Srna. Im Aus-Zustand verbrauchen die modernen Geräte zwischen null und 0,5 Watt.

Die Leistungsaufnahme im laufenden Betrieb bereitet den Konsumentenschützern mehr Kopfschmerzen als der Stand-by-Verbrauch. So ergab eine im Jänner 2009 veröffentlichte Studie des VKI, dass Röhrenmonitore - mit 37 bis 40 Zoll Größe - eine Leistungsaufnahme von rund 100 Watt haben, ein LCD-Fernseher kommt auf 150 bis 200 Watt und ein Plasmagerät sogar auf 300 bis 400 Watt. "So betrachtet, braucht man bei Stand-by nicht über Geld diskutieren", so Srna.

Wo einsparen?

Unter Anhang I der Stand-by-Verordnung ist eine Auflistung der Geräte nachzulesen: Neben Haushaltsgeräten (Weißwaren), Spielzeug (z. B. Modelleisenbahnen und Spielkonsolen), Freizeit- und Sportgeräten (mit elektrischen oder elektronischen Komponenten) und Unterhaltungselektronik (z. B. TV-Geräte und Stereoanlagen) sind auch "überwiegend zum Einsatz im Wohnbereich bestimmte informationstechnische Geräte" erwähnt.

Nur Privatcomputer betroffen

Als Wohnbereich wird in der Verordnung eine Umgebung definiert, "bei der innerhalb eines Abstands von zehn Metern Rundfunk- oder Fernsehempfänger betrieben werden". Damit sind wohl Computer und Zubehör für den privaten Gebrauch gemeint. Wie die genaue Unterscheidung zwischen Notebook im Büro und zu Hause erfolgt, bleibt jedoch fraglich.

"Der vorgesehene Nutzen ist der Ausgangspunkt. Der Hersteller weiß, für welchen Zweck er sein Gerät produziert", meint Gerhard Ludwar von der Abteilung Elektrotechnik in der österreichischen Marktaufsicht. Auf Großraumbüros, die dazu neigen, ihre Rechner Tag und Nacht laufen zu lassen, hat die Verordnung also keine Auswirkungen.

Die EU-Durchführungsmaßnahmen für einzelne Produktgruppe müssen drei Stufen durchlaufen:

In der ersten Stufe wird eine Vorstudie erstellt, die erfasst, welche Geräte es auf dem Markt gibt, wie hoch deren Energieverbrauch ist etc. und welche Produktgruppen sinnvoll wären (TV, Netzgeräte etc.).

Dieser Vorschlag ergeht in weiterer Folge an das Konsultationsforum, das die Studie bespricht, darüber berät und eine Stellungnahme dazu abgibt.

Im Konsultationsforum, dessen Vorsitz die Kommission hat, diskutieren unter anderen Abgesandte der Mitgliedsstaaten sowie Industrie-, Umweltgruppen- und Konsumentenschutzvertreter. Danach gelangt die abgeänderte Version der Maßnahme an das Regulationsforum, das sich aus Kommission und Mitgliedsstaaten zusammensetzt. Diese stimmen darüber ab, wobei eine einfache Mehrheit genügt.

Zuletzt wird die Maßnahme dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat zur Kenntnis gebracht. Wird die Maßnahme angenommen, ist sie sofort europaweit gültig.

Was ist Stand-by?

Generell gilt für alle im Anhang erwähnten Geräte(gruppen) die neue Verordnung, nur: Stand-by ist nicht immer Stand-by. So lässt sich darüber diskutieren, ob sich ein Videorecorder im Aufnahmemodus im Stand-by-Modus befindet. Die näheren Definitionen sind in den "Durchführungsmaßnahmen der einzelnen Produktgruppen" nachzulesen. Ebenso wie die 1275/2008-Verordnung haben diese von der EU-Kommission vorgegebenen Maßnahmen in den EU-Mitgliedsländern sofortige Wirkung, das heißt, es muss dafür national kein separates Gesetz erlassen werden.

Die Durchführungsmaßnahmen für einzelne Produktgruppen befinden sich derzeit in unterschiedlichen Stadien. "Einige werden erst angedacht", so Srna, "das kann Jahre dauern, bis diese Konkretisierung abgeschlossen ist." Derzeit in Stufe zwei, also im Konsultationsforum, diskutiert wird die TV-Durchführungsmaßnahme, wobei neben der Leistungsaufnahme im Stand-by- oder Aus-Zustand auch jene im laufenden Betrieb näher definiert wird.

Starke Industrielobby

Stark im Konsultationsforum vertreten sind die Industrievertreter. "Bei den Entscheidungen sitzt immer ein Konsumentenschützer mehreren Industrieabgeordneten gegenüber", so Srna, der auch als Verbraucherschützer im EU-Gremium vertreten ist. Die genauen Definitionen können für die Industrie Mehrkosten verursachen. "Der Preisanstieg könnte auf den ersten Blick für die Industrie ein plausibles Argument für Ausnahmen sein", so Srna. Zahlen müsse wieder der Konsument, sei es in Form von höherem Stromverbrauch oder eben Produktionskosten.

Arbeitsprogramm der EU-Kommuission für die Jahre 2009 bis 2011 gemäß der Ökodesign-Richtlinie:

Marktaufsicht kontrolliert

Für den Konsumenten werde die Verordnung kaum spürbar sein, meint Gerhard Ludwar. "Er sollte vielmehr auf das Vorhandensein der CE-Kennzeichnung achten", rät der Experte von der Marktaufsicht. Die im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelte Behörde ist für die Einhaltung der Stand-by-Verordnung zuständig.

Die Abteilung, die sich bis dato hauptsächlich um die elektrotechnischen Sicherheitsmaßnahmen kümmerte, wird die Überprüfung stichprobenweise durchführen, insbesondere geprüft werden die Angaben der Hersteller in den Produktunterlagen. "Eine tatsächliche Überprüfung im Labor kostet 3.000 Euro und mehr", so Ludwar, weshalb diese nur bei begründetem Verdacht durchgeführt werde.

Großhändler kein Problem

Erfahrungsgemäß habe die Marktaufsicht mit Großhändlern kein Problem, "die halten sich sehr genau an die Verordnungen. Eher sind es die kleinen Läden, die die Regelungen nicht so genau einhalten", sagte Ludwar gegenüber ORF.at.

Von der Verordnung betroffen sind nur neue Geräte, wobei jedoch Restbestände im Lager mit höheren Grenzwerten noch nach 2010 verkauft werden dürfen. Wer sich noch kein neues Gerät zulegen will, kann auch anders sparen: Eine Viertelstunde weniger fernsehen pro Tag spart ungefähr den Stand-by-Verbrauch eines ganzen Tages.

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(futurezone/Claudia Glechner)