Fekter: Online-Durchsuchung gegen Amokläufe
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner bekräftigte bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Juristenkommission (ÖJK), dass die Online-Durchsuchung auf "sehr schwerwiegende Delikte" wie Terrorismus beschränkt sein soll. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) will vor allem eine rasche Umsetzung und denkt auch daran, damit Amoktaten Jugendlicher verhindern zu können.
Letztes Update 21.05.2009, 17:20 Uhr
Innenministerin Fekter und Justizministerin Bandion-Ortner bekräftigten am Donnerstag bei der ÖJK-Frühjahrstagung die Absicht, die Online-Durchsuchung einzuführen. Bandion-Ortner will sie auf "sehr schwerwiegende Delikte" wie etwa Terrorismus oder organisierte Kriminalität beschränkt haben, Fekter will etwas darüber hinaus gehen - und plädierte insgesamt dafür, für die Polizei nötige Methoden - wie auch die Vorratsdatenspeicherung - "raschest" zuzulassen.
Fekter denkt z.B. auch daran, per Online-Durchsuchung Amoktaten Jugendlicher verhindern zu können. Aber auch sie will nur "Verbrechen" per Online-Durchsuchung verhindern können, nicht aber "Delikte", wie sie gegenüber der APA erklärte.
Fekter: Sicherheit und Schutz
An die Teilnehmer der ÖJK-Tagung - die unter dem Titel "Alles unter Kontrolle?" das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz unterstreicht - appellierte die Innenministerin leidenschaftlich, "der Kriminalitätsbekämpfung und der Sicherheit die gleiche Bedeutung beizumessen wie dem Datenschutz, den persönlichen Freiheitsrechten und der Abwehr eines möglichen Überwachungsstaates".
Sicherheit und Schutz stünden unter den Bedürfnissen der Menschen an erster Stelle - weit vor Datenschutz oder Privatsphäre. Der Staat habe auch die Aufgabe, die Sicherheit zu gewährleisten und brauche dafür die nötigen Instrumente wie Vorratsdatenspeicherung oder Online-Überwachung.
Missbrauch kontrollieren
Diese nicht zuzulassen, weil sie missbraucht werden könnten, lehnte Fekter vehement ab. Möglichen Missbrauch müsse man durch entsprechende Rahmenbedingungen und Kontrolle verhindern. Dass neue Ermittlungsmethode nicht überbordend angewandt würden, habe sich schon bei der Telefonüberwachung oder dem Lauschangriff gezeigt.
Kriminelle würden sich der neuesten Technologien bedienen - und so brauche die Polizei die entsprechenden Mittel, um dagegen vorzugehen. Denn "es kann nicht sein, dass die Kriminellen den Porsche fahren und die Polizei mit angezogener Handbremse im Golf unterwegs ist".
Eine Forderung deponierte Fekter zur Datenschutz-Novelle: Die Datenschutzkommission sollte auch dann nicht eingreifen können, wenn die Kripo im Auftrag von Sicherheitsbehörden aktiv wird. Derzeit sind nur Ermittlungen im Auftrag der Gerichtsbarkeit ausgenommen.
Bandion-Ortner: "Torpedos" der Innenministerin
Nach Fekters "Torpedos" trat Justizministerin Bandion-Ortner mit einem Appell für "Verhältnismäßigkeit" an. Diese sei "das Zauberwort" angesichts der möglichen Gefahr überschießender behördlicher Eingriffe auf Privatsphäre und Datenschutz - etwa bei der Videoüberwachung.
Auch Bandion-Ortner bekannte sich dazu, die Behörden mit den nötigen technischen Möglichkeiten auszustatten, um Straftaten aufzuklären, die unter Nutzung moderner Kommunikationstechnologien begangen werden. Aber der Einsatz der Instrumente müsse auch der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Daten rechtzeitig löschen
So müsse bei der Videoüberwachung ein entsprechendes Gefährdungspotenzial gegeben sein und aufgezeichnete Daten rechtzeitig gelöscht werden. Und die Online-Durchsuchung sollte nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Verdacht auf ein schwerwiegendes Delikt vorliegt - und nur nach richterlicher Genehmigung und unter Kontrolle des Rechtsschutzbeauftragten.
Ostermayer: Balance wichtig
Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) betonte bei der Eröffnungssitzung der Frühjahrstagung die "Balance zwischen Schutz und Privatsphäre" im Datenschutz. Vor dem Hintergrund der Novelle zum Datenschutzgesetz, das tags zuvor in Begutachtung geschickt worden war, meinte er: "Für diese Novelle gilt, dass das Verhältnis von Sicherheit und individuellen Freiheitsrechten so auszugestalten ist, dass beide in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen."
Die Fragen des Datenschutzes sind derzeit für Ostermayer nicht zuletzt deshalb aktueller denn je, wie die letzten Monate bestätigen würden. Themen wie der Missbrauch von Mitarbeiterdaten, Personenscanner und Passagierdaten im internationalen Flugverkehr, die intensive Diskussion der Vorratsdatenspeicherung in Europa und Gesundheitsdaten im Rahmen von E-Health-Anwendungen würden im Mittelpunkt stehen.
ÖJK-Präsident: Gläserner Mensch
ÖJK-Präsident Erwin Felzmann hatte in der Begrüßung die Sorge unterstrichen, dass staatliche und private Überwachungsmaßnahmen doch sehr deutlich in die Privatsphäre eingreifen. Betrachte man z.B. die Vorfälle bei der Deutschen Bahn, sehe man, dass es den "gläsernen Menschen" schon gebe.
Die Juristenkommission wird sich bis Samstag mit den verschiedenen Facetten des Datenschutzes - u.a. Online-Durchsuchung, Internet-Suchmaschinen, Kontrolle am Arbeitsplatz und E-Health - beschäftigen.
Hustinx: Globale Sicherheitsdienste wichtig
Nach Weißenbach sprach der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx. Er betonte die zunehmend politische Wichtigkeit von Datenschutz, die sich in der derzeitigen Überarbeitung der E-Privacy-Richtlinie widerspiegle. Hauptaufgabe sei es, private Daten in der Praxis effektiv zu schützen. Auch die Notwendigkeit globaler "Sicherheitsdienste" werde größer, betonte Hustinx.
(APA)