EU-Kommission will mehr Einfluss auf ICANN
Regierungen sollen mehr Gewicht in der Netzverwaltung bekommen
Die EU-Kommission hat erneut mehr Einfluss bei der Verwaltung zentraler Ressourcen des Internets gefordert. Die US-Einrichtung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), die die weltweite Vergabe von Internet-Adressen regelt, solle künftig Leitlinien folgen, "die im internationalen Dialog aufgestellt werden", forderte die Kommission am Donnerstag in Brüssel.
Ende September läuft eine Grundsatzvereinbarung (Memorandum of Understanding) zwischen ICANN und dem US-Wirtschaftsministerium aus, welches seit der Gründung der privaten Einrichtung 1998 als einzige Stelle Einblick in deren Strategie und Tätigkeit gehabt habe.
Mehr Transparenz gefordert
Bei der Verwaltung des Internets solle zudem eine Reihe grundlegender Werte, besonders das Recht auf freie Meinungsäußerung, zugrundegelegt werden, forderte die Kommission. Wichtig sei mehr Transparenz der Arbeit von ICANN, etwa bei der Vergabe neuer Top-Level-Domains, wie sie derzeit in der Diskussion sind. ICANN koordiniert nicht nur Domain-Namen, sondern auch die IP-Adressen, die für den Internet-Verkehr grundlegend sind, sowie weitere technische Aspekte der Datenübermittlung.
Die Kommission schreibt zwar, dass die Führungsrolle des Privatsektors bei der Gestaltung des Internets beibehalten werden solle, es komme jedoch nicht in Betracht, dass sich die Regierungen bei der Gestaltung der internationalen Internet-Verwaltung "weiterhin im Hintergrund" halten sollten. Die Regierungen sind bereits über ein Beratungsgremium, Government Advisory Council (GAC), in die ICANN eingebunden. Ein Schlüsselsatz in der Mitteilung der Kommission lautet: "Die Regierungen sollten sich in erster Linie mit politischen Grundsatzfragen befassen und keinesfalls in den laufenden Betrieb eingreifen."
Die Rechenschaftspflicht für ICANN und IANA sollte "multilateral" gelten und damit auch für die EU, die "eine führende Rolle bei der Verwirklichung des Ziels eines stabilen und sicheren Internets spielen" möchte.
Neuer CEO für die ICANN
Am 21. Juni beginnt in Sydney eine Großtagung der ICANN, auf der weiter über die Einführung neuer Top-Level-Domains diskutiert werden soll. Außerdem wird erwartet, dass die Organisation zu dieser Gelegenheit, und zwar am 26. Juni, den Nachfolger von Geschäftsführer Paul Twomey vorstellen wird. Im Gespräch waren zuletzt unter anderen Rod Beckstrom, ehemaliger Online-Sicherheitschef des US-Heimatschutzministeriums und der ehemalige AOL-Vizepräsident David Eisner.
(futurezone/AFP)