Deep Zoom: Die Welt der Gigapixel-Bilder
Ob auf der Ars Electronica oder im Rechner des Amateurfotografen: Gigapixel-Bilder faszinieren Publikum und Enthusiasten gleichermaßen. Mit frei verfügbarer Software ist es gar nicht so schwer, es den Profis gleichzutun und im Web Bilder von überwältigendem Detailreichtum zu präsentieren.
Feinste Details aus Linz
Die beiden Fotografen von xRez haben ihre Teilnahme am Ars Electronica Festival als Gelegenheit genutzt, um einen Blick auf Linz vom Pöstlingberg aus aufzunehmen. Das extrem detailreiche Panoramabild stellte xRez vor kurzem online.
Das Studio xRez aus Santa Monica in Kalifornien betreibt, so der Untertitel seiner Website, "Extreme Resolution Photography". Es ist einer der Pioniere in der Produktion von hochauflösenden Fotos und Panoramen - Gigapixel-Bilder. Im "Deep Space" des neuen Linzer Ars Electronica Center (AEC) war das Studio im September anlässlich des diesjährigen Festivals mit seinen Arbeiten zu Gast und hat zu diesem Anlass auch die Kulturhauptstadt 2009 zum Sujet eines ihrer spektakulären Panoramen gemacht.
Die extrem großen Bilddateien, die xRez produziert, können im Ausstellungsraum Deep Space des AEC besonders gut präsentiert werden, auf Wunsch kann der Vorführer sie an die Wand oder auf den Fußboden projizieren. Acht High-End-Beamer bespielen dabei beide 16 x 9 Meter großen Flächen mit je etwa 2.000 mal 4.000 Pixeln. Das ergibt in Relation zur Größe des Raumes einen umwerfenden Bildeindruck und gestochen scharfe Bilder.
Gigapixel-Bilder im Deep Space
Die hinter der Projektion steckende Technik erlaubt die vollkommen flüssige Präsentation selbst extremer Bilddateien von etlichen Gigapixeln Größe, wie sie xRez liefert. Mit einem iPhone und einer eigens dafür entwickelten Software kann der Präsentator stufenlos in den Riesenbildern navigieren sowie ein- und auszoomen.
Extreme Auflösung
Neben den Stadt- und Naturlandschaften von xRez zeigt der Deep Space auch Projekte von Künstlern, die spezielle Werke für den Deep Space schaffen. Auch kunsthistorisch-wissenschaftliche Arbeiten sind darunter. Ein besonders beeindruckendes Beispiel ist die digitale Version des "letzten Abendmahls" von Leonardo da Vinci, das von dem italienischen Studio Haltadefinizione mit Hilfe von 1.677 Einzelaufnahmen erfasst und zu einem über 16 Gigapixel großen Gesamtbild montiert wurde.
Doch auch die Erfassung von Naturdenkmälern stellt große Herausforderungen an die Technik. Das xRez-Projekt einer umfassenden hochauflösenden Darstellung des Yosemite Valley im gleichnamigen US-Nationalpark führte zur Produktion des bisher größten Panoramafotos - von Satellitenbildern abgesehen. Von 20 rund um das Tal verteilten Standpunkten aus wurden zu einem vorher exakt definierten Zeitpunkt hochauflösende Panoramen aufgenommen.
Die Produzenten haben vor, die Bildinformationen mit 3-D-Geländedaten zu verbinden. Am Ende werden die gesamten Felswände des Tals in einem einzigen großen 45-Gigapixel-Bild zu erkunden sein.
Das Rohmaterial für derart umfangreiche Panoramen kann nur mit der Unterstützung durch spezialisierte Maschinen erfasst werden. XRez setzt dazu Aufnahmeroboter ein, die mit Digitalkameras und Teleobjektiven bestückt sind. Das von den Robotern gesammelte Bildmaterial - im Regelfall um die 1.000 Einzelaufnahmen - setzen dann Experten mit Hilfe einer Montagesoftware zu riesigen Bilddateien zusammen.
Zoom-Darstellung im Web
Um solche Bilder benutzerfreundlich und in annehmbarer Geschwindigkeit im Web präsentieren zu können, braucht man eine Technik, die beim Zoomen in Gigapixel-Bilder nur den jeweils sichtbaren Teil der jeweiligen Vergrößerungsstufe in das Browser-Fenster lädt. Ein solches Riesenbild wird dafür in unzählige Einzelbilder für diese Zoom-Stufen zerlegt.
Wie bei vielen anderen Innovationen im Netz ist auch hier Google vorn mit dabei. Google nutzt solche Technologien beispielsweise in seinem Online-Atlas Google Maps und für die Darstellung der Satellitenbilder im virtuellen Globus Google Earth. Diese Technik des selektiven Nachladens von Bildern kann man auch für die Darstellung von Gigapixel-Panoramen einsetzen. Web-Designer können mit der Spezialsoftware Zoomify große Bilder in Photoshop für die Online-Präsentation mit Flash aufbereiten.
Riesenbilder selbst gemacht
Die Produktion extrem hochauflösender Bilder ist inzwischen aber nicht mehr nur Spezialisten vorbehalten. Dank günstiger und guter Digitalkameras können auch Amateure die notwendigen Bildermengen herstellen und montieren. Um Aufnahmen mit mehreren hundert Megapixel zu produzieren, brauchen sie außer Kamera und Rechner nur eine ruhige Hand oder ein Stativ sowie eine Montagesoftware. Die ist sogar gratis zu haben, etwa beim Open-Source-Projekt Hugin, das erst am 29. September die Version 2.0 für Linux vorgestellt hatte. Das Programm ist - in niedrigeren Versionsnummern - auch für Windows und Mac OS erhältlich.
Für größere Gigapixel-Projekte reicht die manuelle Bedienung von Kamera und Stativ nicht aus. Die kalifornische Carnegie Mellon University entwickelte in Kooperation mit der US-Weltraumbehörde NASA und Google einen preisgünstigen Roboter namens EPIC Imager, auf den sich digitale Kompakt- und Spiegelreflexkameras montieren lassen. Die digitale Erfassung der Umgebung kann dann vollautomatisch mit robotischer Präzision erfolgen.
Die GigaPan-Website bietet eine Plattform, auf der die User ihre Bilder hochladen, mit einer Flash-basierten Zoom-Technologie präsentieren können. Die Plattform bietet auch eine Spezialsoftware an, mit der die Panoramaproduzenten auf dem eigenen Rechner die Bilder aus den Einzelaufnahmen zusammenmontieren kann.
Die Fleißarbeit der Parzellierung der fertigen Panoramen zum Zweck der Web-Präsentation übernimmt dann der Computer. Das System zerteilt dabei die Bilder in die kleineren Stücke für die verschiedenen Zoom-Stufen und lädt diese hinterher auf den Server hoch, so dass der User nicht eine einzige, riesige Bilddatei hochladen muss.
Microsoft vs. Google und Adobe
Während sich Google bei GigaPan.org engagiert, setzt Microsoft auf Eigenentwicklungen. Der Konzern aus Redmond bietet zur Betrachtung großer Digitalbilder die Software HDView an. Die zum System passende Montagesoftware heißt Image Composite Editor und steht zum kostenlosen Download bereit. Die fertigen Werke sollen dann mit dem Flash-Konkurrenten Silverlight im Web präsentiert werden.
Das bisher nur für Windows verfügbare HDView erlaubt ebenso wie die Technik von Google Earth ein stufenloses Einzoomen in riesige Bilddateien. Die dazugehörige Bildbetrachtungssoftware läuft unter den Namen Seadragon und Silverlight Deep Zoom. Die Bearbeitungssoftware zu diesem System ist nur für Windows (ab XP) verfügbar und läuft unter dem Namen Deep Zoom Composer - dafür kostet sie nichts. Der Silverlight-Player ist auch für Mac verfügbar. Der Linux-Port Moonlight unterstützt bisher nur Silverlight 2.0 - für Deep Zoom sind aber Funktionen der neuesten Version 3.0 notwendig.
Dass Microsoft, Adobe und Google um Inhalte für ihre Plattformen kämpfen und daher viele Dienste kostenlos angeboten werden, kommt dem interessierten Gestalter entgegen. Digitalfotografen steht damit ein umfangreiches Arsenal an Software und Präsentationsplattformen zur Verfügung, mit dem sie ihre Perspektiven erweitern können - in jeder Hinsicht.
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(Thomas Bredenfeld)